Dienstag, 6. August 2013

Bakunin - Ein Denkmal

1996 erschien, als Gemeinschaftsedition des Karin Kramer-Verlags (Berlin) und der Neuen Gesell-schaft für Bildende Kunst e.V. ein Buch zu Ehren des russischen Anarchisten MICHAIL BAKUNIN. 
Kunst und Anarchismus als - Bündnispartner? - nahe oder ferne Verwandte? Es handelt sich hier um ein Buch, das Brücken schlägt. In der Mitte eine überragende "historische Figur", nämlich MICHAIL BAKUNIN (1814-76); ringsherum, aus allen möglichen Distanzen, Höhen, Tiefen, geografischen wie ideellen und menschlichen Entfernungen, Dutzende von Künstler_innen oder, noch allgemeiner formu-liert, kreativen Menschen, die in Wort und Bild darstellen, was ihnen in den Kopf kam, als sie von der Einladung erfuhren, einen Denkmal-Entwurf für den weltberühmten Russen zu liefern. Natürlich stellt sich da die Frage: Was hatte Bakunin mit Künstlern gemeinsam? Hatte er Lieblings-Künstler? Begriff er sich gar selber als Künstler? Letzteres wohl kaum. Der "erweiterte Kunstbegriff" war noch nicht erfunden. Der strenge Bakunin hatte ein großes Herz, vorsichtig ausgedrückt, aber die Plumpheit, von Philosophie und Politik mal eben in die Kunst zu wechseln, sich sozusagen eine neue Identität zu verschaffen, hätte er sich nicht verziehen. ** Auf der Cover-Rückseite ist der großartige Louis Soutter abgebildet, einer der berühmtesten Schweizer Künstler (Maler, Zeichner) des letzten Jahrhunderts. Soutter wurde drei Jahre vor Bakunins Tod geboren, führte eine abenteuerliche und nur selten glück-liche Existenz, die ihn vom verheirateten Orchester-Geiger in tiefste gesellschaftliche Isolation führte: Er lebte praktisch auf der Straße, als Künstler verkannt - zeitweise soll in einem Armen-Asyl der winterliche Ofen mit seinen Skizzen geheizt worden sein. Nach seinem Tod wurde er nach und nach berühmt. Bei Bakunin war das anders. Er hatte schon zeitlebens eine große Anhängerschaft. ** Ich finde das Buch und die Idee dazu sehr listig. Kunst und Bakunin zusammen zu bringen, ist irgendwie seltsam, aber auch naheliegend. Natürlich gibt es "staatstragende" Kunst, konventionelle Formen der Kreativität, Staatskünstler. Aber eben auch staatskritische, aufrührerische, rebellische Kunst und Positionen der Kunst. Die subversive Kraft BAKUNINS und die subversiven Bild-Ideen und Erfindungs-Kräfte von Künstler_innen mischen sich. Was dabei heraus kommt, zeigt dieses Buch. Es ist keine Revolution, kein politischer Umsturz, aber so etwas wie eine kreative Bombe. Obwohl sicher auch Künstler bei dem Buch mitwirkten, denen Anarchismus fern liegt. Zumindest einen kenne ich bzw. kannte ich. Er wohnte einige Jahre in meinem Stadtteil Wilhelmsburg. Aber auch solche ideelle Distanz wäre für Bakunin kein Problem gewesen. Er hoffte selbstverständlich auf Solidarität und Unterstützung, erwartete aber von niemandem, daß er genau so denke wie er.                                 **RS**     
 

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