Dienstag, 9. Juli 2013

Tagebuch-Notiz über Helgas Goetze Sophia

Helga Goetze Sophia war eine extrovertierte Frau. Sie suchte die Öffentlichkeit. Ihre zwei großen The-men waren SEX und, damit zusammenhängend, GEFÜHLE. Durch die permanente Wechselbezie-hung zwischen ihren Erlebnissen/Erfahrungen und literarischer Produktion, in der sie das Erlebte verarbeitete + gestaltete, verfeinerte sich ihre Gefühls-Flora -um es bildhaft zu sagen- zu einer unend-lich verästelten für Außenstehende bisweilen rätselhaften Welt. Helga war dynamisch - und zugleich ultrasensibel. Sie war in der Lage, feinste Regungen aufzunehmen und "etwas damit zu machen". Da sie ständig "öffentlich" war, schon durch ihre tägliche Mahnwache an der Friedenskirche beim Berliner KuDamm, erregte sie Aufmerksamkeit. Im Guten wie im Negativen. Sie erregte Unmut und wollte Unmut erregen. Nichts verletzte sie mehr als Gleichgültigkeit. Viele leute wandten sich ab, Helga wurde beschimpft, bisweilen wurde die Polizei hinzu gezogen. So mancher Shitstorm ging über sie hinweg. ** Eine Frage stellte Helga immer wieder in ihren Briefen: "Wer beschützt meine Gefühle?"
Gefühle waren etwas Kostbares. Sie brauchten ein Gehäuse, eine Form, Hülle. Darüber schrieb sie Gedichte. Gedichte, die sich auf Reales, Geträumtes, Vorgestelltes bezogen und wiederum eine Welt bildeten, auf die sich andere bezogen. Gegner wie Freunde. Helga hatte einige gute Freundinnen und Freunde, von denen sie Unterstützung bekam. Auch von ihrer Familie. Zeitweilig lebte sie in Gruppen, die aber nicht so richtig in ihrem Sinn funktionierten. Als Mutter von sechs Kindern und mit einem Banker verheiratet, wusste sie natürlich bestens, was diese "Gruppe" = Familie bedeutete. Für sie war sie, ganz im Sinne Freuds, der Nährboden von Neurosen und Macken jeder Art. So brach sie aus der Kleinfamilie aus und suchte sie andere Gruppen. Und machte gute Erfahrungen, hatte Erlebnisse, die sie reich machten. Und dann traf sie immer wieder der erbitterte Widerstand mancher Zeitgenossen. Damit setzte sie sich auseinander. Unerträglich waren für Helga Ignoranz und Überheblichkeit. ** Wer nimmt Rücksicht auf Gefühle? WELCHE Gefühle, darf man sich fragen. Von der Gefühls-Welt ist es ein kleiner Schritt zu künstlichen Welten, zu Kitsch und Konsum, zu Kommerz. Siehe unsere ausufern-de Film-, Musik- und sonstige Unterhaltungs-Industrie. ** Helga Goetze Sophia war mir eine treue Freundin und Unterstützerin. Niemand las mit so viel Aufmerksamkeit und Neugier meine Brief, zeit-schriften, Anthologien. + niemand war so kritisch. Helga redete nichts schön, auch nicht bei Freunden. 
Helga war sehr klug. Eine Menschenkennerin. Eine Frau, die sich immer wieder neu erfand. In Gedichten, Tagebuch-Notizen, Stickbildern, Gesprächen.  *RS*  


Keine Kommentare: