Dienstag, 2. Juli 2013

Drewermann – Rückzug nach innen


Vor einigen Tagen postete ich einen Kommentar zu einem Buch über den Kirchen-Kritiker Eugen Drewermann. Die Problematik und die Themen, um die es geht, sind so komplex, daß sie in einem Post nur angedeutet werden können. * Als Nachtrag zu meinen Anmerkungen (28.6.) möchte ich  betonen: Jeder Mensch, egal welcher Hautfarbe, welchen Alters, egal ob männlich oder weiblich, egal welcher Nationalität und Konfession, hat das Recht, sich zurückzuziehen, sich „unpolitisch“ zu verhalten. Die gegen Drewermann gerichteten massiven Vorwürfe der Autoren U.Birnstein und KP Lehman, betreffen  nicht allein die angeblich oder tatsächlich falsche Auslegung der Bibel. Die beiden Schriftgelehrten werfen Drewermann vor, daß er Theologie durch Psychologie ersetze, daß er gegen Politik predige bzw. argumentiere, und an deren Stelle Innerlichkeit propagiere, d.h. Schau und Rückzug nach innen. * Als Künstler sage ich: JA. Dieser Rückzug ist erlaubt. Er kann sogar  notwen-dig werden, wenn psychische Probleme und Ängste überhand nehmen und den/die Betreffende/n krank machen. Die Forderung, sich stets „politisch“ zu verhalten, ist m.E. fragwürdig und in der Lebens-Praxis, im Alltag auch nicht bis in letzte Konsequenz zu realisieren – von seltenen Ausnahmen mal abgesehen, Menschen die von sich behaupten, immer und überall „politisch“ zu sein. * Drewermann geht, realistisch wie ich meine, in seinem Buch „Die Kleriker“ davon aus, daß viele Angehörige der katholischen  Geistlichkeit (Priester, Nonnen, Kapläne, Pater usw.) ihre Gefolgsamkeit unter die strengen Regeln und Moralvorstellungen der Kirche damit bezahlen, daß sie Ängste und Unzufriedenheit unterdrücken und sich „freiwillig“ unterordnen – aus tief sitzender Unsicherheit, Angst allein zu sein, Schuldgefühlen usw. Statt sich damit offen und ehrlich auseinander zu setzen wird die Problematik in der katholischen Kirche totgeschwiegen und vertuscht. Als Beispiel postete ich am 12.11. über den Selbstmord meines damaligen Religions-Lehrers, eines katholischen Geistlichen (Collegium Augustinianum, Internat). Dieses tragische Ereignis war ein Einzelfall, nicht unbedingt typisch für die Situation von Klerikalen, aber: Dieser „Freitod“ passierte tatsächlich, und seitens der Kirche gab es keine erkennbaren Versuche dem Menschen gerecht zu werden und die Motive für seine Tat aufzuklären. Selbstmord ist ein Extrem. Es gibt aber viele andere Fälle von Menschen, die sich, hervorgerufen durch kirchliche Verordnungen und Gesetze, in Zwangssituationen befinden, die einer Therapie oder zumindest eines vorsichtigen Umgangs mit bestimmter Problematik bedürften. Un-abhängig von diesem speziellen Fall gibt es auch positive Beispiele von Leben in katholischer Ge-meinschaft. * Was ich auf katholische Geistliche beziehe, gilt auch für Politiker. Jeder Mensch hat das Recht, sich zurückzuziehen, „aus der Öffentlichkeit“, wenn er spürt, daß ihm seine politische oder welche Arbeit auch immer nicht gut tut, er Schaden an seiner Seele nimmt. ** „Innerlichkeit“ bedeutet für mich, Kreativität, Phantasie und Verstand zu pflegen, sich zu beobachten, Angriffsflächen zu vermeiden, inneren Regeln zu folgen, sich selbst zu lieben – versuchen sich selbst zu lieben. Inneren Frieden finden.  * Menschen, die sich SO verhalten, also nach innen kehren, sind nicht so leicht zu kontrollieren wie jene, die nach außen gerichtet sind und sich „politisch“ verhalten. Auch unter diesem Blickwinkel sind die teils bösartigen Invektiven gegen Dr. zu verstehen. * Man darf sich nicht ein-schüchtern lassen. Manchmal ist es richtig, nicht den Regeln und Normen der Politik zu folgen, sondern bei sich zu bleiben.  Drewermann zieht bzw. zog deshalb viel Haß und Häme auf sich, weil es ihm gelang, öffentlich zu sein, aber nicht nach den unterschiedlichen Pfeifen der politischen Lager zu tanzen.  **RS**   

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