Donnerstag, 4. April 2013

Über Dieter Kunzelmann


2009 erschien ein umfangreiches Buch über Dieter Kunzelmann, der sich seit Ende der 60-er Jahre als Clown, APO-Revoluzzer und Kommunarde einen Namen machte. Das von Vandenhoeck&Rup-recht  publizierte Buch ist die gekürzte Version einer Habilitationsschrift, mithin eines Werks,  das mit hohem Anspruch an Genauigkeit verfasst wurde. Gemessen an wissenschaftlicher Lektüre, die einem bisweilen in die Finger gerät, ist „Dieter Kunzelmann  - Avantgardist, Protestler, Rad-ikaler“ von ARIBERT REIMANN vergleichsweise flüssig, gut lesbar ja spannend und interessant geschrieben. Es bietet nicht nur –um es mit einem Wort Kunzelmanns auszudrücken, „Futter für akademische Gäule“, sondern hat darüber hinaus auch Unterhaltungswert. Über den heute 73-jäh-rigen Politveteranen K. wurden jahrzehntelang Anekdoten und Berichte kolportiert, die nicht unbe-dingt ein „realistisches Bild“ zeichneten. Kunzelmann werkelte emsig und raffiniert an der eigenen Legende mit, war schon in den 60-er und 70-er Jahren ein Meister dessen, was wir heute als „Fake“ bezeichnen. Aribert Reimann läßt die echten Fehltritte „Kunzels“ nicht aus –es gibt Quellen, die vom Antisemitismus des Ultralinken in den 60-er Jahren künden- zum Glück (für mich als Leser) ist Reimann (im Unterschied etwa zum Schriftsteller Wolfgang Kraushaar) nicht darauf fixiert, Fehlverhalten bloßzustellen und K. konsequent zu desavouieren.. Er verweist auf etliche Belege bzw. Zeugen, die das bisweilen extrem autoritäres Gehabe des Antiautoritären belegen. Reimann beschönigt und vereinfacht nichts, sondern entwirft ein komplexes Bild einer einmaligen Persön-lichkeit. *** Besonders interessant sind für mich die Beschreibungen der Situationistischen Inter-nationale und deren Entwicklung in den 50- er und 60-er Jahren, bei der K. Mitglied war –bevor er dort, wie auch aus anderen Bündnissen bzw. Projekten, ausgeschlossen wurde. Auch die ausführliche Darstellung der Gruppe „Spur“ hilft mir als Leser, ein Bild von „Kunzel“ zu bekommen, das über die bekannten Klischees und Kolportagen hinausgeht. *** Das Buch umfasst 392 Seiten und enthält einen umfangreichen Anhang mit Fußnoten, Literaturhinweisen usw. Ich bezahlte 29,99 €, eine Menge Geld, aber es ist oke. ** Ich halte Reimanns Buch für das präziseste und „objek-tivste“ (soweit Objektivität eines Schriftstellers überhaupt möglich ist) Werk über Dieter Kunzelmann.       **RS**  

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