Mittwoch, 31. Oktober 2012

Libertäre Zukunft Elbinsel (2)

Karl Marx spricht im Kapital sinngemäß von der „Anarchie der Warenbeziehungen“. Damit meinte er, daß sich im kapitalistischen Markt eine Art von Herrschaftslosigkeit entwickelt, in der nicht Menschen, sondern Waren die eigentlich dominanten Größen sind. Marx hatte einen total anderen (d.h. negativen) Begriff von „Anarchie“ und „Freiheit“ als etwa die russischen Anarchisten Bakunin und Kropotkin. Nun wäre es leichtsinnig, selbst wenn man seine Sympathien klar Bakunin oder Kropotkin gibt, Marx einfach abzutun. Ich bin kein Marx-Fan, meine aber, daß der Mann durchaus einige Dinge, Zustände, Abhängigkeiten usw. im Kapitalismus „richtig“ bzw. „realistisch“ gesehen hat. In Bakunin erblickte er seinerzeit einen Rivalen, den er ins Abseits zu drängen suchte. Mit Erfolg.  *  In den 70-er Jahren gab es „Sponti“-Theorien, die von libertären bzw. anarchistischen Ideen geprägt waren und in denen die Beziehungen der Menschen untereinander in den Fokus rückten: die entfremdeten Beziehungen untereinander, die, so lautete die ideologische Schlußfolgerung, nicht anders als „entfremdet“ sein können, da das kapitalistische System selber zwangsläufig eine Entfremdung der Menschen untereinander und von ihren „eigentlichen“ Bedürfnissen und von ihrem „wahren Selbst“ bedeute. Für die einen lautete die Schlußfolgerung daraus: Wir müssen erst eine allgemeine, alle Menschen betreffende Umwälzung=Revolution vollziehen, um die Entfrendung aufheben zu können. Diese Revolution ist bis heute nicht eingetreten + es gibt nicht den leisesten Hinweis darauf, daß sie in absehbarer Zeit eintreten könnte. Andere wiederum meinten, daß man schon jetzt versuchen sollte, mit einem Höchstmaß an Selbstbestimmung  Projekte aufzubauen, die mit dem herrschenden System nicht konform, aber trotzdem möglich sind, weil der Kapitalismus Nischen zuläßt. * Ich begrüße solche Ansätze, auch ohne über die Hintergründe genauer informiert zu sein. Ich bin unzufrieden mit denen, die bei uns das Sagen haben, SPD und Grüne, und die quasi Monopole in Sachen Politik innehaben.  * In dem Laden (Fährstraße), in dem heute Black Ferry bedruckte Kapuzen-Pullis, Shirts, Lebensmittel u.a. verkauft, war zuvor ein Kleidergeschäft (jetzt Ecke Fährstr.-Veringstr.); und davor das „sweet home“, das versuchte, "alternative" Ansätze bzgl. Kunst und Kultur umzusetzen. Der Laden scheiterte, auch aus finanziellen Gründen. * Ein Risiko besteht allemal darin, sich selbständig zu machen. Und erst recht darin, sich mit non-konformen Projekten in die Öffentlichkeit zu wagen. * Eine positive, Hoffnungen und Begeisterung  weckende Zukunft wird es m.E. nur mit Menschen geben, die auch Risiken eingehen.  Natürlich ist es möglich, damit zu scheitern.  *R.S.*

Zweimal 13




Mein gestriger Tag spannte sich in mehrerlei Hinsicht um die Zahl 13. Zunächst eine längere Reise im 13-er Bus in Wilhelmsburg. Seit einigen Wochen dreht ein Team einen Film über die Buslinie, ausgehend von dem Buch „Die wilde 13“. Ich war eingeladen, meinen Senf dazu bzw. Statements abzugeben. Ich hatte einiges zu erzählen. Es war inspirierend, mitten im Bus zu stehen und Eindrücke zu schildern, Erlebnisse wiederzugeben – ohne daß mir einer dazwi-schenquatscht. Es kamen Jugendliche dazu, Schüler. Sie belebten die Situation. Einige staunten, hatten große Augen. Ich kam mir fast vor wie ein Film-Star. Die Fahrt ging von der Haltestelle Mannesallee bis zur Endstation in Kirchdorf-Süd. Und wieder zurück. Ich verlor mich bisweilen ein wenig in meinen Schilderungen, aber die Regisseurin brachte mit kurzen Fragen wieder den Roten Faden aufs Trapez: Fahren im 13-er – IBA – meine eigene Geschichte. * Es gefiel mir, daß zwischendurch  auch Kids zu Wort kamen, zum Teil PRO Iba. Wieso nicht! Ich bin anderer Meinung, aber eben nur Meinung. Ich mache daraus kein Dogma. Ich gehe von meinen Erfahrungen aus. Und die waren vor allem negativ. Die Jugendlichen sind unsere Zukunft. Und da gehört es sich, daß sie lernen, Standpunkte zu vertreten. Eigene Standpunkte. Pro oder Kontra. Es kommt darauf an, seine Meinung zu vertreten, ohne bestraft zu werden, auch wenn sie nicht der Mehrheitsmeinung entspricht. + genauso wichtig ist, seine Gefühle zeigen zu können. Darin sind Migranten-Kinder und Jugendliche Deutschen oft überlegen. * Im nächsten Frühjahr soll Premiere sein, der Film soll in die Kinos kommen. Ich bin gespannt. Vielleicht werde ich eine Minute lang zu sehen sein. *** Abends gabs das Kunstbüro-Abendessen und WortKunst-Poetry. Wie immer im WESTEND. Ingeborg führte eine neue Disziplin vor: Pfandflaschen-Jonglier-Gymnastik. Volker sang ein eigene Lieder. Petra las kurze Texte, ich erzählte von Mr. Propper alias Günther Kahrs aus Bremen; anfangs las ich vom Blatt ab, dann langweilte es mich + ich begann zu improvisieren. Dietmar las vor. Ach ja: Wir waren insgesamt 13 Männer und Frauen. Für mich enttäuschend. Zumal Rose Geburtstag hatte. Vor einem Monat waren wir noch 30 gewesen.  * Es entspann sich eine Kontroverse über das Thema Behinderung. Einer warf ein, daß „wir alle behindert“ sind. Die Behauptung fand einige Zustimmung. Ich warf dagegen ein: Warum sind wir Künstler, Dichter, sensible und intelligente Menschen, um höchst Unter-schiedliches auf einen Nenner zu bringen? Es mag sein, daß jeder seine Macken hat, Probleme mit sich herumträgt. Aber mit dem Wort „Behinderung“  ist etwas Anderes gemeint. * Der Abend endete ohne Abstimmung und allgemeinen Konsens. * Der nächste Termin ist bereits in 3 Wochen: Am 20.11. ::: Am gleichen Ort zu gleicher Zeit.   *R.S.*

Dienstag, 30. Oktober 2012

I want that boy - The Chantelles


Trotz strenger Diät, was Musik-Konsum betrifft,  vernarre ich mich bisweilen doch wieder in bestimmte Titel, Sounds, musikalische Perlen oder wie man es nennen mag. I want that boy von der englischen Girl-Group Chantelles (nicht zu verwechseln mit dem amerik. Chantels) erschien 1965 bei Parlophone + schaffte es in die Top 40 des Piraten-Senders Radio London. * Im Internet lese ich, I want that boy  von den Chantelles sei „a terrific version of a release by little-known US singer Sadina“ sei. „terrific“ übersetze ich für mich mit großartig, phantastisch, umwerfend. Der Sound verzaubert, haut mich um. Einfach großartig. Ekstatisch. Die Chorus-Lines gehören zum Besten, was in der Pop-Geschichte existiert. Phil Spector-Sound vom Allerbesten. Wahrscheinlich ist das auch Geschmack-sache. Die Version von Sadina klingt daneben öde, steril, quasi kastriert. Am besten selber hören! :   http://www.youtube.com/watch?v=ancQnc1h4Bc    *R.S.*  
   

Montag, 29. Oktober 2012

Zivilgesellschaft - IBA - Endlich!


Fragen Sie mal in Hamburg herum, was die Leute von Wilhelmsburg halten! Da werden die Nasen gerümpft, Gesichter verzogen, Igitt! gesagt + Pfui Teufel! gedacht. Denn Wilhelmsburg ist immer noch Bä-bä und A-a nach Meinung vieler Hamburger. Echt schlimm! Das hat historische Wurzeln. Bereits Ernst Reinstorf  schrieb in seiner „Geschichte der Elbinsel Wilhelmsburg“:  „Die Kinder in Reiherstieg (Wi.burg-Nord) werden mehrfach als recht roh geschildert(S. 157). Nur einem seltenen pädagogischen Talent wie Lehrer Detjen gelang es, „die bekannte rohe Reiherstiegener Jugend“  im Schreiben sowie im Kopf- und Tafelrechnen voranzubringen (S. 169).  Diese Rohheit sprich: Primi-tivität hatte viele schädliche, schlimme Folgen. Bis hin zum schwärzesten Tag in der Nachkriegs-Geschichte der Hansestadt: Am 23. September 2001 erzielte die Schill-Partei bei den Wahlen auf der Elb-Insel 34,9 % !  Zwar wurde mittlerweile die Bevölkerungs-Struktur entscheidend verändert (Gentrifizierung), jedoch gibt es immer noch einige dumpfe, zurückgebliebene Bewohner und Bewohnerinnen, die den Zeitgeist noch nicht erkannt haben. * Aber es gibt nun Hoffnung!! Denn die IBA ist da. Und sie bringt den letzten Höhlenbewohnern und Rechts-Wählern der Elb-Insel ein bißchen Licht. Freuen wir uns auf den 19. November, einen Montag. An diesem Tag verkündet die IBA die Zivilgesellschaft. Ort: Das Bürgerhaus in der Mengestr. 20. Um 15 Uhr 30 geht es los. Der Eintritt ist frei, eine Voranmeldung ist jedoch erforderlich. Bis zum 12.11. haben Sie Zeit, sich für diese geschichtsrächtige Veranstaltung anzumelden. Die Liste der offiziellen Teilnehmer liest sich wie ein „who is who“ der VIPs, VVIPs und VVVIPs (von Very Important Persons bis zu Very Very Very Important Persons – allen voran unser Bürgermeister Olaf Scholz. * Und die IBA hat keine Kosten und Mühen gescheut, die Sache publizistisch auszuschlachten. Endlich mal wieder ein Buch von der IBA! Hier reichen sich Große Theorie, Wahlkampf-Taktik, Zeilenschinderey und Oberlehrertum brüder- und schwesterlich die Hände.  * 296 Seiten, nur 32 €uro. So ein Buch liegt auch gut unterm Tannenbaum ... meint der *Blogger*.   

Samstag, 27. Oktober 2012

Trivial-Mythen

Jeder Mensch schafft sich Mythen: neue Gesichter, innere Gesichter, äußere Gesichter, Wolken, Legenden.
** Erfinde Dich neu, träume, stelle eine Figur ins Fenster. Einen Blumentopf, ein Gebetbuch, eine Porno-Kassette. 
Schaffe deinen eigenen Mythos.
Gangster-Rapper sind Mythologen.
Talk-Master sind Mythologen.
Katholische Bischöfe sind Mythologen.
Mythen tragen zur Immunologisierung bei: Mache Dich unverwundbar, stärke dein Immun-System.
Männer + Jungs tun es SO -- Frauen und Mädchen anders.
Männer und Jungs schminken sich anders als Frauen.
Erzähle Geschichten.
Sie müssen nicht haargenau stimmen.
Hauptsache, sie stärken dein Immun-System. 
Sei anders. Schaffe deinen eigenen Mythos.
Hübsch trivial, unterhaltsam. 
Auf der Kinder-Rutsche in die Subkultur.
                  *R.Kaktus-Ich-S.*

WortKunst-Poetry 30.10.


Wie immer: Jeder Gast darf bis zu 10 Minuten lang eigene Texte lesen, singen, rappen, performen – in welcher Weise auch immer gestalten.  Der Einsatz von Musik-Instrumenten ist gestattet. Um 19 Uhr 30 gehts los im Wilhelmsburger WESTEND, Vogelhüttendeich 17.  * Wer Lust hat, kann auch zuvor am Kunstbüro-Abendessen teilnehmen. Ab 18 Uhr. Die Kosten (2-3 € pro Person) werden umgelegt. * Übrigens: Rose hat an diesem Dienstag Geburtstag...   *R.S.*