Karl Marx spricht
im Kapital
sinngemäß von der „Anarchie der Warenbeziehungen“. Damit meinte er, daß
sich im kapitalistischen Markt eine Art von Herrschaftslosigkeit entwickelt, in
der nicht Menschen, sondern Waren die eigentlich dominanten Größen sind. Marx
hatte einen total anderen (d.h. negativen) Begriff von „Anarchie“ und „Freiheit“ als
etwa die russischen Anarchisten Bakunin und Kropotkin. Nun wäre es
leichtsinnig, selbst wenn man seine Sympathien klar Bakunin oder Kropotkin
gibt, Marx einfach abzutun. Ich bin kein Marx-Fan,
meine aber, daß der Mann durchaus einige Dinge, Zustände, Abhängigkeiten usw.
im Kapitalismus „richtig“ bzw. „realistisch“ gesehen hat. In Bakunin erblickte er seinerzeit einen Rivalen, den er ins Abseits zu drängen suchte. Mit Erfolg. * In
den 70-er Jahren gab es „Sponti“-Theorien,
die von libertären bzw. anarchistischen Ideen geprägt waren und in denen die
Beziehungen der Menschen untereinander in den Fokus rückten: die entfremdeten Beziehungen untereinander,
die, so lautete die ideologische Schlußfolgerung, nicht anders als
„entfremdet“ sein können, da das kapitalistische System selber zwangsläufig
eine Entfremdung der Menschen untereinander und von ihren „eigentlichen“
Bedürfnissen und von ihrem „wahren Selbst“ bedeute. Für die einen lautete die
Schlußfolgerung daraus: Wir müssen erst eine allgemeine, alle Menschen
betreffende Umwälzung=Revolution vollziehen, um die Entfrendung aufheben zu können. Diese Revolution ist bis heute
nicht eingetreten + es gibt nicht den leisesten Hinweis darauf, daß sie in absehbarer
Zeit eintreten könnte. Andere wiederum meinten, daß man schon jetzt versuchen sollte, mit einem Höchstmaß an Selbstbestimmung Projekte aufzubauen, die mit dem herrschenden
System nicht konform, aber trotzdem möglich
sind, weil der Kapitalismus Nischen zuläßt.
* Ich begrüße solche Ansätze, auch ohne über die Hintergründe genauer
informiert zu sein. Ich bin unzufrieden mit denen, die bei uns das Sagen
haben, SPD und Grüne, und die quasi Monopole in Sachen Politik innehaben. * In dem Laden (Fährstraße), in dem heute Black Ferry bedruckte Kapuzen-Pullis, Shirts, Lebensmittel u.a. verkauft, war zuvor ein Kleidergeschäft
(jetzt Ecke Fährstr.-Veringstr.); und davor das „sweet home“, das
versuchte, "alternative" Ansätze bzgl. Kunst und Kultur umzusetzen. Der Laden
scheiterte, auch aus finanziellen Gründen. * Ein Risiko besteht allemal darin,
sich selbständig zu machen. Und erst recht darin, sich mit non-konformen
Projekten in die Öffentlichkeit zu wagen. * Eine positive, Hoffnungen und Begeisterung weckende
Zukunft wird es m.E. nur mit Menschen geben, die auch Risiken eingehen. Natürlich
ist es möglich, damit zu scheitern. *R.S.*
Kulturjournalismus, in Bildern denken, Gegenöffentlichkeit, Experiment, Schutzengel
Mittwoch, 31. Oktober 2012
Zweimal 13
Mein gestriger Tag spannte sich in mehrerlei Hinsicht
um die Zahl 13. Zunächst eine längere Reise im 13-er Bus in Wilhelmsburg. Seit
einigen Wochen dreht ein Team einen Film über
die Buslinie, ausgehend von dem Buch „Die wilde 13“.
Ich war eingeladen, meinen Senf dazu bzw. Statements abzugeben. Ich hatte
einiges zu erzählen. Es war inspirierend, mitten im Bus zu stehen und
Eindrücke zu schildern, Erlebnisse wiederzugeben – ohne daß mir einer dazwi-schenquatscht. Es kamen Jugendliche dazu,
Schüler. Sie belebten die Situation. Einige staunten, hatten große Augen. Ich
kam mir fast vor wie ein Film-Star. Die Fahrt ging von der Haltestelle
Mannesallee bis zur Endstation in Kirchdorf-Süd. Und wieder zurück. Ich verlor
mich bisweilen ein wenig in meinen Schilderungen, aber die Regisseurin brachte mit kurzen
Fragen wieder den Roten Faden aufs
Trapez: Fahren im 13-er – IBA – meine eigene Geschichte. * Es gefiel mir, daß
zwischendurch auch Kids zu Wort kamen,
zum Teil PRO Iba. Wieso nicht! Ich bin anderer Meinung, aber eben nur Meinung. Ich mache daraus kein Dogma.
Ich gehe von meinen Erfahrungen aus. Und die waren vor allem negativ. Die
Jugendlichen sind unsere Zukunft. Und da gehört es sich, daß sie lernen,
Standpunkte zu vertreten. Eigene Standpunkte.
Pro oder Kontra. Es kommt darauf an, seine Meinung zu vertreten, ohne bestraft zu werden, auch wenn sie
nicht der Mehrheitsmeinung entspricht. + genauso wichtig ist, seine Gefühle zeigen zu können. Darin sind
Migranten-Kinder und Jugendliche Deutschen oft überlegen. * Im nächsten
Frühjahr soll Premiere sein, der Film soll in die Kinos kommen. Ich bin gespannt. Vielleicht werde ich eine Minute lang
zu sehen sein. *** Abends gabs das
Kunstbüro-Abendessen und WortKunst-Poetry. Wie immer im WESTEND. Ingeborg führte eine neue Disziplin vor:
Pfandflaschen-Jonglier-Gymnastik. Volker sang ein eigene Lieder. Petra las kurze Texte, ich erzählte von
Mr. Propper alias Günther Kahrs aus Bremen; anfangs las ich vom Blatt ab, dann
langweilte es mich + ich begann zu improvisieren. Dietmar las vor. Ach ja: Wir waren insgesamt 13 Männer und Frauen. Für mich enttäuschend. Zumal
Rose Geburtstag hatte. Vor einem Monat waren wir noch 30 gewesen. * Es entspann sich eine Kontroverse über das
Thema Behinderung. Einer warf ein, daß „wir
alle behindert“ sind. Die Behauptung fand einige Zustimmung. Ich warf
dagegen ein: Warum sind wir Künstler, Dichter, sensible und intelligente
Menschen, um höchst Unter-schiedliches auf einen Nenner zu bringen? Es mag sein,
daß jeder seine Macken hat, Probleme mit sich herumträgt. Aber mit dem Wort „Behinderung“
ist etwas Anderes gemeint. * Der Abend
endete ohne Abstimmung und
allgemeinen Konsens. * Der nächste Termin ist bereits in 3 Wochen: Am 20.11.
::: Am gleichen Ort zu gleicher Zeit. *R.S.*
Dienstag, 30. Oktober 2012
I want that boy - The Chantelles
Trotz
strenger Diät, was Musik-Konsum betrifft, vernarre ich mich bisweilen doch wieder in bestimmte Titel, Sounds, musikalische Perlen oder wie man
es nennen mag. I want that boy von der
englischen Girl-Group Chantelles (nicht
zu verwechseln mit dem amerik. Chantels) erschien 1965 bei
Parlophone + schaffte es in die Top 40 des Piraten-Senders Radio
London. * Im Internet lese ich, I want that boy von den Chantelles sei „a
terrific version of a release by little-known US singer Sadina“ sei. „terrific“
übersetze ich für mich mit großartig,
phantastisch, umwerfend. Der Sound verzaubert, haut mich um.
Einfach großartig. Ekstatisch. Die Chorus-Lines gehören zum Besten, was in der
Pop-Geschichte existiert. Phil Spector-Sound vom Allerbesten. Wahrscheinlich
ist das auch Geschmack-sache. Die
Version von Sadina klingt daneben
öde, steril, quasi kastriert. Am besten selber hören! : http://www.youtube.com/watch?v=ancQnc1h4Bc *R.S.*
Montag, 29. Oktober 2012
Zivilgesellschaft - IBA - Endlich!
Fragen
Sie mal in Hamburg herum, was die Leute von Wilhelmsburg halten! Da
werden die Nasen gerümpft, Gesichter verzogen, Igitt! gesagt + Pfui Teufel! gedacht.
Denn Wilhelmsburg
ist immer noch Bä-bä und A-a nach Meinung vieler Hamburger. Echt
schlimm! Das hat historische Wurzeln.
Bereits Ernst Reinstorf schrieb in seiner „Geschichte der Elbinsel
Wilhelmsburg“: „Die
Kinder in Reiherstieg (Wi.burg-Nord) werden
mehrfach als recht roh geschildert“ (S. 157). Nur einem seltenen
pädagogischen Talent wie Lehrer Detjen gelang
es, „die bekannte rohe Reiherstiegener
Jugend“ im Schreiben sowie im Kopf-
und Tafelrechnen voranzubringen (S. 169).
Diese Rohheit sprich: Primi-tivität hatte viele schädliche, schlimme
Folgen. Bis hin zum schwärzesten Tag in der Nachkriegs-Geschichte der
Hansestadt: Am 23. September 2001 erzielte die Schill-Partei bei den Wahlen auf
der Elb-Insel 34,9 % ! Zwar wurde
mittlerweile die Bevölkerungs-Struktur entscheidend verändert
(Gentrifizierung), jedoch gibt es immer noch einige dumpfe, zurückgebliebene
Bewohner und Bewohnerinnen, die den Zeitgeist noch nicht erkannt haben. * Aber es gibt nun Hoffnung!! Denn
die IBA ist da. Und sie bringt den letzten Höhlenbewohnern und Rechts-Wählern der
Elb-Insel ein bißchen Licht. Freuen wir uns auf den 19. November, einen Montag.
An diesem Tag verkündet die IBA die Zivilgesellschaft. Ort: Das Bürgerhaus
in der Mengestr. 20. Um 15 Uhr 30 geht es los. Der Eintritt ist frei,
eine Voranmeldung ist jedoch erforderlich. Bis zum 12.11. haben Sie Zeit, sich
für diese geschichtsrächtige Veranstaltung anzumelden. Die Liste der
offiziellen Teilnehmer liest sich wie ein „who is who“ der VIPs, VVIPs und VVVIPs (von Very Important Persons
bis zu Very Very Very Important Persons –
allen voran unser Bürgermeister Olaf Scholz. * Und die IBA hat keine Kosten und
Mühen gescheut, die Sache publizistisch auszuschlachten. Endlich mal wieder ein Buch von der IBA! Hier reichen sich Große
Theorie, Wahlkampf-Taktik, Zeilenschinderey und Oberlehrertum brüder- und
schwesterlich die Hände. * 296 Seiten,
nur 32 €uro. So ein Buch liegt auch gut unterm Tannenbaum ... meint der *Blogger*.
Samstag, 27. Oktober 2012
Trivial-Mythen
Jeder Mensch schafft sich Mythen: neue Gesichter, innere Gesichter, äußere Gesichter, Wolken, Legenden.
** Erfinde Dich neu, träume, stelle eine Figur ins Fenster. Einen Blumentopf, ein Gebetbuch, eine Porno-Kassette.
Schaffe deinen eigenen Mythos.
Gangster-Rapper sind Mythologen.
Talk-Master sind Mythologen.
Katholische Bischöfe sind Mythologen.
Mythen tragen zur Immunologisierung bei: Mache Dich unverwundbar, stärke dein Immun-System.
Männer + Jungs tun es SO -- Frauen und Mädchen anders.
Männer und Jungs schminken sich anders als Frauen.
Erzähle Geschichten.
Sie müssen nicht haargenau stimmen.
Hauptsache, sie stärken dein Immun-System.
Sei anders. Schaffe deinen eigenen Mythos.
Hübsch trivial, unterhaltsam.
Auf der Kinder-Rutsche in die Subkultur.
*R.Kaktus-Ich-S.*
** Erfinde Dich neu, träume, stelle eine Figur ins Fenster. Einen Blumentopf, ein Gebetbuch, eine Porno-Kassette.
Schaffe deinen eigenen Mythos.
Gangster-Rapper sind Mythologen.
Talk-Master sind Mythologen.
Katholische Bischöfe sind Mythologen.
Mythen tragen zur Immunologisierung bei: Mache Dich unverwundbar, stärke dein Immun-System.
Männer + Jungs tun es SO -- Frauen und Mädchen anders.
Männer und Jungs schminken sich anders als Frauen.
Erzähle Geschichten.
Sie müssen nicht haargenau stimmen.
Hauptsache, sie stärken dein Immun-System.
Sei anders. Schaffe deinen eigenen Mythos.
Hübsch trivial, unterhaltsam.
Auf der Kinder-Rutsche in die Subkultur.
*R.Kaktus-Ich-S.*
WortKunst-Poetry 30.10.
Wie
immer: Jeder Gast darf bis zu 10 Minuten lang eigene Texte lesen, singen,
rappen, performen – in welcher Weise auch immer gestalten. Der Einsatz von Musik-Instrumenten ist
gestattet. Um 19 Uhr 30 gehts los im Wilhelmsburger WESTEND,
Vogelhüttendeich 17. * Wer Lust hat,
kann auch zuvor am Kunstbüro-Abendessen teilnehmen.
Ab 18 Uhr. Die Kosten (2-3 € pro
Person) werden umgelegt. * Übrigens: Rose hat an diesem Dienstag Geburtstag... *R.S.*
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