Vor gut zwei Monaten brachte das Feuilleton der SZ den
Artikel „Das kann nicht alles meine
Sache sein“ mit dem Untertitel „Was
meinen eigentlich Reinhold Messner, Werner Kieser und die Selbstoptimierer,
wenn sie sich auf den Philosophen Max Stirner berufen?“ Gute Frage. SZ-Autor Burkhard Müller war wohl
der Ansicht, daß sich die Antwort auf die Frage beim Lesen des Arti-kels „wie
von selbst“ ergibt. * Max Stirner, 1806-1856, taucht immer wieder mal in
Feuilletons linksliberaler oder konservativer Blätter auf. Mit seinem Buch „Der Einzige und sein Eigentum“ gilt er
als Begründer des Individual-Anarchismus. In meinem Denken ist er der individual-anarchistische Philosoph
schlechthin, dessen Formulierungen äußerst radikal, aber auch so weit waren,
daß sich immer wieder Menschen unterschiedlichster Herkunft und Sozialisation
auf ihn berufen. „Linke“ stehen ihm meist skeptisch gegenüber, weil seine
Philosophie für eine Massenbewegung nicht instrumentalisierbar ist. Der
SZ-Autor erwähnt, daß auch „der junge
Benito Mussolini ihn las“. Ich halte dies nicht für erstaunlich, denn der
spätere Faschisten-Führer begann seine Politiker-Laufbahn als linksradikaler
Sozialist bzw. Anarchist, der mehrfach von der Polizei verhaftet wurde. Die Radikalität Stirners dürfte ihn ermuntert
haben. Stirner steht bzw. „schwebt“ allerdings über allen „rechten“ und „linken“ Polaritäten, schrieb er doch sein
Buch, bevor die heutige
parlamentarische Demokratie erfunden wurde. Und erst mit ihr kam, ausgehend von
der Sitzordnung der Abgeordneten, der heute gängige Begriff der „Rechten“ und
der „Linken“ auf. * Stirners Buch „Der Einzige und sein Eigentum“ ist Protest gegen Gleichmacherei und
Nivellierung, wie sie bereits im 19. Jahrhundert spürbar war – und heute in
weitaus extremerer Weise unseren Alltag prägen. Er vertritt, auf abstraktem
Niveau –aber durchaus verständlich in seiner Sprache- eine Position des
Egoismus und, so meine ich, der Intransigenz (Nicht-Vereinnehmbarkeit). Auf
Flachdeutsch gesagt: Stirner propagierte den freien Menschen, der für seine
Interessen eintritt und sich nicht vor anderer Leute Karren spannen läßt. So interpretiere ich Stirner für mich. Ohne den Anspruch zu erheben,
daß auch andere ihn so oder so ähnlich sehen sollten. * Vielleicht bin ich ein „Selbstoptimierer“? Der Ausdruck des SZ-Autors ist „interessant“. –
Daß die bekannte Zeichnung (es gibt kein Foto
oder Gemälde Stirners) von Friedrich Engels stammt, ist mir neu. Aber gekannt
haben sich die beiden, das ist überliefert. Und Karl Marx befasste sich
eingehend und superkritisch mit Stirner, der ihm mit seinem philosophisch fundierten
Egoismus in die Quere kam. *R.S.*
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