Freitag, 6. April 2012

Volker Pripnov: Bergedorfer Spitzen


Dem Autor und Theater-Mann, der in vielfältiger Weise kreativ ist, geht es wie manchen anderen Künstlern: Für Presse und andere Medien sind sie oft nicht interessant. Nicht interessant genug. Das kommt nicht von mangelnder Qualität – bei Volker Pripnov jedenfalls nicht. Im 1. Kapitel der Kurzgeschichten –Untertitel „Lyrisches-Satirisches-Prosaisches“ geht es um „Die Macht einer Lokal-zeitung“. Wie kommt es, daß auch nach zwei kleinen Büchern –außer dem hier vorgestellten publizierte er im Eigen-Verlag bereits „Geschichten aus dem Bergedorfer Gehölz“ und „Bergedorfger Lieder“ – Pripnov nicht von der „Bergedorfer Zeitung“ gebracht wird? Über andere Leute aus dem Stadtteil, die in verschiedener Weise kreativ sind, berichtet die B.Z. regelmäßig. Ausgerechnet V.P., der im Unterschied zu den Anderen seinen Stadtteil thematisiert, findet keinen Eingang in die Lokalzeitung. + damit auch nicht breitere Öffentlichkeit. Vielleicht liegt es genau an Volkers The-men! Indem er schreibend seinen Stadtteil unter die Lupe nimmt, wird er –ungewollt- zum Rivalen oder Konkurrenten von Lokal-Reportern. Die sind zwar nett zu ihm, bringen aber keine Berichte über seine Publikationen. Oder sind seine Texte -von der Tendenz her- zu kritisch? * Irgendwie kommt mir das bekannt vor, aus meinem Alltag und Versuchen, mehr (: angemessene) Öffent-lichkeit zu finden. Naja, ab und zu bringen Lokalblätter etwas. Außerdem kann ich bloggen. - Zurück zu den Bergedorfer Spitzen. Die zweite Kurzgeschichte heißt „Lamento“ und beginnt: „Ich bin die Bergedorfer Straße. Bedeutend? Wie man’s nimmt. Vielleicht zweckmäßig, obwohl ...“ Diesen Ansatz, aus der Sicht einer Straße zu schreiben, finde ich originell. Und dabei einfach. Verständlich geschrieben. Das dritte Kapitel heißt „Brunnen-träume“ und beginnt mit einem Reim-Gedicht: “Wasser, falle sprühend nieder / Falle in des Beckens Rund / Hört, ich singe Wasserlieder / Mache meine Freude kund.“ Sehr schlicht, finde ich, geradezu klassisch. „Endlich, endlich ist es Frühling geworden.“ geht der Text weiter, „Wie mild die Luft mich umfließt und wie freundlich die Sonne durch die noch kahlen Baumkronen lächelt. ...“ Ich schaue aus meinem Fenster im Wilhelmsburger Otterhaken. Baumkronen kann ich von meinem Computer-Platz aus nicht sehen, aber zwei Baumstämme. Außerdem scheint die Sonne. Mein Zimmer ist ziemlich dunkel, da im Parterre gelegen, aber die gegenüber liegenden Häuserwände sind deutlich erhellt. * Ich erlebte Volker Pripnov schon mehrfach bei Lesungen. Er hat sehr viel (Rhythmus)-Gefühl in seinen Texten und Vorträgen. Je mehr ich in dem Band blättere, lese, und über das Wenige, das ich von ihm weiß, nachdenke, meine ich sagen zu können: Er ist ein echter Stadtteilkünstler. Und zwar einer, der nicht von irgendwem (z.B. einem Kulturamt) in eine Position oder Rolle gehievt wurde, sondern aus eigenem Interesse und Liebe zur unmittelbaren und weiteren Umgebung sich darüber äußert. * Der Band enthält auch jeweils einen Text von Petra Klose und Udo Neumann. * 48 S., Eigen-Verlag; keine Adresse oder Telefon-Nummer sind ange-geben. * Wer die Bergedorfer Spitzen kaufen oder den Autor kennen lernen möchte, begebe sich am besten zum nächsten Text-Labor am 2.5. ins BelAmi. *R.S.*

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