Freitag, 24. Februar 2012

Stadtteilkünstler


Auf dem KUSS-Treff (KUlturStammtiSch) am 19.2. im Bürgerhaus differenzierte Bürgerhaus-Leiterin Bettina Kiehn zwischen „Freien Künstlern – Freier Kunst“ und „Stadtteilkultur“. Ihr war die Unterscheidung wichtig. Da zeigte sich für mich wieder einmal: Der Informationsstand vieler, die sich in Wilhelmsburg mit Kultur befassen, ist höchst mangelhaft. Ich bin seit 26 Jahren in Wilhelmsburg als Künstler tätig; bis 1989 als Puppenspieler. Dann gründete ich das Kunstbüro Wilhelmsburg, organisierte Lesungen, Ausstellungen, Radio-Sendungen, gab Zeitschriften heraus, Anthologien usw. Und fast alle diese Aktivitäten hatten einen direkten Bezug zu Wilhelmsburg. Das heißt: Ich bin Freier Künstler, tätig als Maler, Schriftsteller, Schauspieler usw.; und ich bin als gleiche Person auch Stadtteilkünstler. Was von Bettina Kiehn als zweierlei angesehen wird, verkörpere ich in einer Person. * Meine Arbeit und Leben als Stadtteilkünstler kommt auch in Erzählungen zum Ausdruck, die ich seit einem Jahr u.a. in der Buchhandlung Lüdemann, im WESTEND, in Rick’s Cafe, im Altenheim Pflegen und Wohnen, im BelAmi (Bergedorf), Waschhaus (City Nord), in der Kneipe Zur Stumpfen Ecke (Harburg) vortrug. Ich erzähle also auch in anderen Stadtteilen, ja anderen Städten (Wedel, Kiel u.a.) von meinem Leben in Wilhelmsburg, vom Miteinander, Gegen-einander, Nebeneinanderher usw. *Seit 23 Jahren befasse ich mich künstlerisch mit diesem Stadtteil und bin allmählich müde, immer wieder darauf hinzuweisen, daß es mich und meinen Kunstbüro-Verein gibt. * In drei Einrichtungen bin ich dauerhaft präsent mit Bildern: Im treffpunkt.elbinsel (Fährstr. 51 A) hängen seit 2009 ca. 30 Gemälde + Zeichnungen; im Rick’s Cafe (Ecke Fährstr./Otterhaken) hängen seit Okt. 2010 zehn Gemälde; im Pflege- + Wohnen-Heim (Hermann-Westphal-Straße) hängen seit August 2011 ca. 25 Collagen und Zeichnungen. *** Ignoranz (Nicht-Wissen) und Arroganz (Überheblichkeit) erfahre ich nicht nur von der IBA. Es kommen ständig Künstler und Kreative auf die Elb-Insel, die offenbar damit überfordert sind, sich mal zu informieren und zu schauen, was es an anderen Künstlern und Initiativen bereits gibt. ::: Etwas polemisch ausgedrückt: IBA und igs bringen immerhin Geld mit. Andere, die auf dem Sektor Kunst und Kultur mitmischen (wollen), halten nur die Hand auf, wollen gefördert werden ... – aber was haben sie sonst zu bieten? Naja: „Kreativ“ ist so ungefähr jeder. „Jeder Mensch ist ein Künstler“ lautet eine in die Jahre gekommene Parole. NA UND? Was sagen uns diese Worte noch? * Man trifft gewisse Leute immer dann, wenn Etats, „Töpfe“ aufgemacht, irgendwelche Gelder in Aussicht gestellt werden.Da ich meine/ unsere (= Kunstbüro-)Aktivitäten nicht aus kommerziellen Gründen entfalte, bin ich manchen ein Dorn im Auge. Sie verstehen nicht, wie man Kunst machen, als Stadtteilkünstler aktiv sein kann usw. OHNE sich für alles bezahlen zu lassen. Sie „tolerieren“ mich - was nichts anderes heißt, als daß ihnen meine Aktivitäten völlig gleichgültig sind. – Nur wenn, was selten vorkommt, wir etwas Geld bekomme, entrüsten sie sich. Noch nie hat mir ein Kollege, eine Kollegin gratuliert oder Glück gewünscht, weil ich/wir etwas finanziert bekamen. Dabei tue ich nichts anderes als das, was andere Leute im Kulturbereich gegen Bezahlung tun.

Über meine Organisationsarbeit bekamen schon viele Autoren und andere Kreative Geld. Geld, das ich bei der Kulturbehörde bzw. beim Bezirksamt locker machte. Dieses Acquirieren von Honorar ist nicht selbstverständlich, nur: die Leute, die davon profitieren, glauben letzteres offenbar. Wir werden immer wieder mit einem Kultur-Dienstleistungs-Service verwechselt. Ich schluckte viele Jahre meinen Ärger herunter. Zum Glück habe ich seit einiger Zeit die Möglichkeit zu bloggen. Ich kommentiere gerne ab und zu Erlebnisse, gebe meinen Senf dazu, manchmal auch Ketchup ... da fühle ich mich insgesamt besser. Ich versuche Humor in die Angelegenheit zu bringen.

*Es gibt noch andere Stadtteilkünstler, Menschen die künstlerisch tätig sind und denen der Bezug zu ihrer näheren Umgebung wichtig ist. Und es gibt KünstlerInnen, die ganz auf ihre Arbeit im Atelier konzentriert sind, die zurückgezogen ihrer schriftstellerischen Passion nachgehen u.ä., mit anderen Worten: Kreative im Elfenbeinturm. Damit habe ich keinerlei Problem. Jeder sollte sich die Arbeits- und Reflexions-Bedingungen schaffen, die für ihn am besten sind. *** Der KUSS sollte kein konspirativer Treff sein, sondern JEDEM offenstehen. ** *R.S.*

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