Freitag, 13. Januar 2012

Allan Turing


Der seit vielen Jahren auf mainstream- und Kommerz-Kurs liegende SPIEGEL bringt in der neuen Ausgabe einen Artikel, für den sich die 4€ Kaufpreis lohnen. Unter der Überschrift „Das Phantom“ berichtet das Magazin über einen Sonderling und Mathematik-Genie, das 1954 unter tragischen Umständen starb. Allan Turing gelang es im 2. Weltkrieg quasi im Alleingang, die sagenumwobene Codierungsmaschine „Enigma“ der deutschen Wehrmacht zu entschlüsseln. Zum 100. Geburtstag des Engländers am 23. Juni plant das Heinz-Nixdorf-Museumsforum (HNF) in Paderborn eine Ausstellung über das Schaffen des „von Rätseln Umrankten“, der nur wenige Aufzeichnungen hin-terließ. Der SPIEGEL zitiert Hans Magnus Enzensberger, der den Sonderlingsstatus Turings fol-gendermaßen kolportiert: „Fest steht, daß er nie eine Zeitung gelesen hat; dass er sich seine Hand-schuhe selber strickte; daß er fortwährend Koffer, Bücher, Mäntel verlor; und daß er, sofern er bei Tisch sein hartnäckiges Schweigen brach, in ein schrilles Gestotter verfiel oder krähend lachte“. Dieser Mann, der sich größte Verdienste beim Sieg über Nazi-Deutschland erwarb, wurde von seinem Land schmählich im Stich gelassen. Aufgrund seiner Homosexualität kam er vor Gericht und wurde zu einem Jahr Gefängnis verurteilt – ersatzweise Behandlung mit dem weiblichen Hormon Östrogen, „die seinen vermeintlich widernatürlichen Sextrieb einschläfern sollte. Turing wählte Letzteres und scherzte über die Oberweite, die er nun entwickelte. Tatsächlich aber verfiel der gestähl-te Sportler (Marathonbestzeit 2:46 Std.) wegen der einsetzenden Verweiblichung in tiefe Depressi-onen“. Und starb 1954 mit Verdacht auf Zyankali-Vergiftung. Wahrscheinlich verübte er Selbst-mord. * Der SPIEGEL-Bericht hebt die zahlreichen Schrullen und Verschrobenheiten des „großen Exzentrikers“ hervor. Auf Wikipedia findet der interessierte Leser im Internet weitaus sach-bezogenere und den Status als Mathematik- und Informatik-Genie plausibel begründende Informa-tionen über Turing. * Es gibt einen Aufsatz von Oswald Wiener mit dem Titel „Eine Art Einzige“, in dem es vor allem um das Dandytum geht. Darin sind längere Passagen Allan Turing und dem nach ihm benannten „Turing-Test“ gewidmet. *R.S.*

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