Montag, 30. Januar 2012

Lektüre: Hitler "Mein Kampf"


Alle Jahre wieder gibt es Aufregung um ein Buch, das in Deutschland seit 66 Jahren verboten ist: Adorf Hitlers „Mein Kampf“. Jetzt geriet ein Engländer in die Schlagzeilen, der Zeitungsheraus-geber Peter McGee, der Auszüge aus dem Buch in deutsche Kioske bringen will. Die Pläne verursachen eine Menge Wirbel. Warum? Ich las das Buch vor einigen Jahren. Bis auf die letzten 50 oder 60 Seiten. Die Lektüre wurde mir am Ende zu langweilig. Was ich gelesen hatte, reichte. „Mein Kampf“ ist literarisch von minderem Rang, nicht mal zweitklassig. In dem 1924 erschienenen Buch wird der Antisemitismus der Autors offenkundig. Was ist daran schädlich, wenn dieses Mach- bzw. Murks-Werk jedem Leser zugänglich wird? Worin bestehen die Sorgen, die mit einer Publi-kation einhergehen? Daß A.H. auf einmal in nennenswerter Zahl neue Anhänger bekäme? Für so ein schlechtes, in einigen Passagen bestenfalls sentimental-kitschiges Werk? Wäre es moralisch fragwürdig, wenn jemand DAmit Geld verdiente? Dies ließe sich verhindern, indem man die Publikation mit der Auflage erlaubte, daß der Erlös Nazi-Opfern zugute kommen müsse. Was kann es schaden, wenn jeder Mensch sich durch Anschauung davon überzeugen kann, daß Intellek-tualität und Schreibvermögen Hitlers offensichtlich überschätzt werden? Durch das Verbot erst bekommt das Buch eine gewisse Wichtigkeit, einen Reiz. Für Neonazis und Sympathisanten ist es ein Abenteuerspiel, sich Ausgaben von „Mein Kampf“ im benachbarten oder weiter entfernten Ausland zu besorgen. Wenn das Verbot nicht mehr vorhanden ist, geht eine Menge Reizpotential verloren. Der Mythos verschwindet, wenn das Buch frei zugänglich wird. Ich meine: Uns Deutschen ist die Erkenntnis zumutbar, mit Hitler einst einen mittelmäßig begabten, ja vergleichsweise dummen Staatschef gehabt zu haben. Vom Buch-Verbot profitieren m.E. Ultrarechte und ihr Anhang. Das tiefste Geheimnis, welches „Mein Kampf“ enthält, ist seine Dummheit. *R.S.*

Chantal (3)


Die BILD veröffentlichte heute den Original-Brief des VSE (Verbund sozialtherapeutischer Einrichtungen), in dem dieser dem Wilhelmsburger Paar, welche das Mädchen als Pflegekind nehmen wollte, 2007 ein positives, ja geradezu euphorisches Zeugnis ausstellt. Wie ist sowohl Blindheit möglich? Der VSE war nicht der erste Verein, der sich täuschen ließ. Die AIW (Arbeitslosen-Initiative Wilhelmsburg) ließ sich zuvor von dem drogenabhängigen Paar an der Nase herumführen und stellte Frau L. als Leiterin der Wilhelmsburger Tafel im Deichhaus ein. Das muß ein Schlaraffenland für sie gewesen sein, denn sie verdiente dort nicht nur gutes Geld, sondern konnte sich und ihre Familie auch kostenlos mit Essen versorgen. Bis sie, wie ich durch die Zeitung erfuhr, wegen mehrfacher Unregelmäßigkeiten bzw. Fehlbeträgen in der Kasse 2009 entlassen wurde. Im Nachhinein kann man nur als cleveren Schachzug bezeichnen, daß ihr Mann sich in den Vorstand des AIW-Vereins wählen ließ. Ich bin übrigens Mitglied dieses Vereins, erfahre aber die meisten Dinge, was das Paar betrifft, aus der Zeitung. Möglicherweise ließ sich der VSE bereits durch die blendende Position der beiden in der AIW täuschen. Bei der AIW –diese Erfahrung machte ich mehrmals- haben Menschen das Sagen, deren Menschenkenntnis sich aus Blindheit, Taubheit und politischem Kalkül, sprich: Opportunismus ergibt. Wunschdenken, Ressentiment und Blauäugigkeit ergeben eine abenteuerliche Mischung. Je mehr Fakten auf den Tisch kommen, die Behörden-Versagen dokumentieren, desto weniger wundere ich mich. * Besonders gruselig finde ich, daß sich zumindest eine Nachbarin schon im letzten Jahr beim Jugendamt über die Zustände in der Pflegefamilie beschwerte - aber offenbar auf taube Ohren stieß. Wenn diese Sache, über die ich in der Zeitung las, stimmt, dann müssen sich die Verant-wortlichen aus dem Bezirksamt und vom VSE nicht nur wegen dem Tod der 11-Jährigen verantworten, sondern sich auch dafür entschuldigen, daß sie auf warnende Hinweise nicht hörten. Solche Ignoranz ist zum Kotzen. Es geht hier nicht um kindliches „Petzen“, sondern darum, daß warnende Hinweise in einem Stadtteil, in dem bereits 3 Jahre zuvor ein Kind aufgrund krassen menschlichen Versagens ums Leben kam, nicht ernst genommen wurde. ** Hüten wir uns also davor, bei allem Unmut, Zorn und berechtigter Kritik an den Pflege-Eltern die politische Dimension nicht aus den Augen zu verlieren. Drogensucht, familiäre Verwahrlosung und Ausnutzung von Abhängigkeit sind Probleme dieser Gesellschaft. Politiker schieben ihre Verantwortung gern auf Andere. Wem kann man noch trauen? * Am FR., den 3.2. soll es ab 18 Uhr einen Schweigemarsch geben. Treffpunkt ist der Stübenplatz. *R.S.*

Samstag, 28. Januar 2012

Gentrifizierung Ultra



Da ist es, das Masterpiece der Wilhelmsburger Gentrifizierung: das publizistische Sahnehäubchen derer, die diesen Stadtteil attraktiver machen wollen. Hier passt manches, wenn nicht alles zusam-men, was Gentrifizierung ausmacht. * 1. Fremdbestimmung: Zwei Nicht-Wilhelmsburgerinnen wurden von der IBA engagiert, um den Stadtteil über mehrere Jahre künstlerisch aufzupimpen durch Aktion(en) und Experiment. 2. Verdrängung bzw. Nicht-Einbeziehung ansässiger Künstler-+ Kunst-Initiativen. 3. Mangel an Selbstkritik ---- Anfang des Jahres erschien das Buch zum Mega-Projekt „Akademie einer anderen Stadt“. Auch der Buch-Titel Kunst einer anderen Stadt“ verweist mich, wieder einmal, darauf, daß Wilhelmsburg mit einer „anderen Stadt“ doch -bitte bitte- nicht gemeint ist? – oder? * Der Reihe nach ... Schwer und imposant liegt der gewichtige Schinken vor mir, in distinkt vornehm-graues Leinen gebunden, das Cover gelb beschriftet, prächtig prächtig! + erst das LayOut: Die meisten Texte sind schwer leserlich, da ständig einzelne Worte invertiert sind, d.h. statt in schwarz auf weiß sind sie in weiß auf schwarz ausgedruckt. Etliche Text-Passagen sind zudem gelb unterstrichen. Ist das besonders kunstvoll-artifiziell? Durch die technischen Druck-Finessen wird das Lesen zusätzlich mühsam, denn der Inhalt ist eh nicht ohne. Der Blogger arbeitete sich tapfer von Seite zu Seite + fasst im Folgenden aus einer Fülle von Notizen einiges des aus seiner Sicht Bemerkenswerten zusammen. ::: Gleich im Vorwort finde ich eine erstaunliche bzw. falsche Behauptung. Frau Vorkoeper und Frau Knobloch schreiben von einer „Trennung von Abbildungen und schriftlicher Darstellung“, die angeblich die „Texte nicht zu Beschreibungen und umgekehrt die Bilder nicht zu Illustrationen werden“ lassen. Der optische Eindruck sagt mir etwas anderes. Bilder und Texte gehen auf vielen Seiten ineinander über, sind keineswegs getrennt. Angeblich kommen die „Essays vollkommen ohne Illustrationen aus“. Wozu dieses theoretische Gestelze? Beim Lesen der Texte/Essays wird deutlich, daß sich etliche der in dem Pracht-Band abgedruckten Fotos exakt auf bestimmte Text-Passagen beziehen. Soll dem Leser ein X für ein U vorgemacht werden? Zu welchem Zweck? Schon im Vorwort (!) wird auf eine „umfassende Dankesliste“ am Ende des Buches verwiesen. Das findet der Blogger clever: Koop-PartnerInnen auch über die Dauer eines Projektes zu binden durch überschwengliche Danksagung. ABER dann die Schlußfolgerung: „Sie (die Dankesliste) zeigt vor allem, dass Kunst in der Stadt immer auch einen Querdurchlauf durch die ganze Stadt, ihre politischen und administrativen Instanzen, ihre verschiedenen Institutionen, Räume und Bevölkerungsgruppen bedeutet.“ behaupten Frau V. und Frau K. HÄ?! Daß diese Aussage für die Vorwortschreiberinnen zutrifft, aus ihrer Sicht, mag ja angehen, aber diesen Schluß generell ("immer") für „Kunst in der Stadt“ zu ziehen, ist Unfug. Ich bin seit mehr als 30 Jahren als Künstler in dieser Stadt tätig, seit 1989 sogar mit einem eigenen Verein. Im Mittelpunkt unserer Aktivitäten standen die Kunst selber und die daran Beteiligten. „Politische und administrative Instanzen“ sind wir nie oder bestenfalls am Rande und höchstens teilweise durchlaufen. Zu mehr fehlten uns zumindest die Kraft bzw. „Ressourcen“. * Ich blättere weiter: Ein paar Fotos von Kunst-Aktionen, die angeblich keine Illustrationen sind, dann der nächste Text. Frau Vorkoeper schreibt, nein: schwafelt zum Thema „Unerwartete Spielräume. Über eine zukommende Freiheit der Kunst“. Zunächst zwei Zitate von zeitgenössischen Geistes-wissenschaftlern (Benjamin Barber und Jacques Ranciere), beide Kritiker des Repräsenta-tions-Prinzip. Dann legt Frau V. los. Mit zunehmender Lektüre bekomme ich eine Gänsehaut des Widerwillens. Hier betreibt eine Frau, Person (persona, lat. = Maske) Schönfärberei. Sie hat es mit der „Freiheit“. Ich finde ihre Äußerungen hochgestochen, aber verlogen. Wer sich kritisch über „Freiheit“ ausläßt, etwa S. 35/36; „Will man nun gerade und zuvorderst die Gewalt gegen die Anderen ausschließen, dann läßt sich Freiheit radikal nur als Freiheit der Anderen denken“, darf sich ruhig mal an die eigene Nase fassen und hinterfragen, wie es mit dem eigenen Verhalten diesbezüglich ausschaut. Bei einem event der Akademie einer anderen Stadt“ 2010 beendete Frau Vorkoeper die Freiheit einiger migrantischer Jugendlicher, an diesem Ereignis teilzunehmen, indem sie sie durch einen Wachdienst-Mann vor die Tür setzen ließ. Später, als dieser Ausschluß in der Zeitschrift W.I.R. (Wilhelmsburger InselRundblick) kritisiert wurde, nahm sie sich die Freiheit, den daraus entstehenden Diskurs mit dem Verweis auf ihre „weibliche Wahrnehmung“ abzu-würgen. Zurück zum obigen Zitat. Frau V. hat es mit folgender Fußnote verbunden: „Ich beziehe mich hier darauf, wie sich der Gedanke der Freiheit der Anderen durch das Werk von Emmanuel Levinas schreibt und nicht auf Rosa Luxemburgs frühe Kritik an der russischen Revolution, nach der Freiheit immer die Freiheit der Andersdenkenden ist, da sie reduziert auf den zu verwirklichenden Sozialismus gedacht war.“ Mit anderen Worten: Frau Luxemburg hat zwar recht mit ihrem Hinweis, aber eigentlich doch nicht – oder wie darf diese Spitzfindigkeit interpretiert werden? Und noch ein Hinweis auf den Freiheits-Begriff von Frau Vorkoeper. Ich setzte mich zweimal schriftlich mit der „Akademie einer anderen Stadt“ in Verbindung, da ich mir eine –in welcher Form auch immer- Kooperation zwischen der A.e.a.S. und meinem Verein vorstellen konnte. Frau V. nahm sich die Freiheit, auf zwei freundliche Anfragen nicht zu reagieren. Dabei hätte eine Absage jeweils nur 10 oder 20 Sekunden ihrer Zeit gekostet (: mail-Brief). Als seit mehr als 20 Jahren mit diversen Projekten in Wilhelmsburg befasster Künstler bezeichne ich aus den zwei ausgeführten Gründen die Auslassungen von Frau K. über „Freiheit“ als Schwafelei und verlogen. * Der nächste Essay, S. 50 – 62 von Michaela Ott, einer HfBK-Professorin, geht über das Thema „Raum – öffentlich?“. Die „Professorin für ästhetische Theorien an der HfBK Hamburg, Philosophin, Filmwissenschaftlerin und Übersetzerin“ (Internet) bringt nützliches theoretisches Wissen-Informationen in das Buch ein. Der „Öffentliche Raum“ ist ein wesentliches Thema bei einer Internationalen BauAusstellung, klaro. Auch historische Wissen über den Begriff und seine Entwicklung ist nützlich und kann die ganze Auseinandersetzung noch fundierter und spannender machen. Frau Ott vermittelt einiges Wissens-wertes und für mich auch Neues, etwa über den Zusammenschluß einiger Hamburger Kaufleute zum BID (Business Improvement District), die seit 2006 einen privaten Sicherheitsdienst engagiert zur Überwachung der Geschäftshäuser im Neuen Wall. Leider bezieht sich Frau Ott nur in einem Absatz auf S. 60 knapp und konkret auf die IBA in Wilhelmsburg, indem sie auf Esra Ersens Raumbild „Sammelsurium“ eingeht. Mein Verein, der „Förderkreis Wilhelmsburger Kunstbüro e.V.“war 2007-2008 Kooperationspartner der IBA. Unsere „Wilhelmsburger Busgalerie“ stand beispielhaft für „Kunst im Öffentlichen Raum“, bespielten wir doch ein Jahr lang 12 Ausstellungsflächen (insg. 55 qm) mit Drucken von 4 Künstler/Innen. Dabei mussten wir –unfrei-willig- mit Problemen: sprich der juristischen Seite des Projekts- Bekanntschaft machen, von denen wir nicht geträumt hatten. Die uns zur Verfügung stehenden Häuser bzw. Häuserwände gehörten, bis auf eine Ausnahme, der SAGA. Nachdem ich anderthalb Jahre in, wie es schien, bestem Einvernehmen mit dem Geschäftsführer der Wi.burger SAGA verhandelt hatte, verweigerte der Mann im letzten Moment –ohne eine Begründung zu liefern - die Unterschrift unter den vor-bereiteten Vertrag. Die lapidare Begründung eines SAGA-Mitarbeiters lautete: Herr L. möchte das Projekt „ohne Vertrag“ durchführen. Wir wurden tatsächlich gezwungen, das Projekt ohne Vertrag mit dem nach der IBA wichtigsten Koop-Partner zu gestalten. Es wurde hier also von einer staatlichen Institution ohne erkennbaren Grund ein rechtsfreier Raum geschaffen. Einige Monate später hielt die SAGA 2 Monate lang, von Sept. bis November 2007, eine ca. 2 x 3 m große Instal-lation der „Wilhelmsburger Busgalerie“ unter Verschluß. Ohne uns zu informieren. Daß so etwas möglich ist und KEINE Tageszeitung oder Wochenblatt auch nur eine Zeile darüber berichtete, hat uns beinahe mehr geschockt als die Tatsache der Entwendung des Kunstwerks selbst. Übrigens war die IBA sowohl über die Vertragsverweigerung durch die SAGA als auch die Entwendung einer (von ihr mitfinanzierten) Installation informiert. Daß sie diese Informationen für sich behielt, sagt einiges über die Öffentlichkeitsarbeit der IBA. Man darf sich darüber nicht wundern: Der SAGA-Gesch.Führer war zumindest bis zum letzten Jahr Mitglied im Bürgerbeteiligungs-Gremium der IBA. * Nach einigen Seiten Fotos-Illustrationen der nächste Essay: „Zeichen von Respekt: Akademie einer anderen Stadt 2009“. Ich besuchte diese Groß-Ausstellung in den Veringhöfen seinerzeit und war ganz angetan bzw. inspiriert. Da ich die Ausstellung also kenne, erspare ich mir den 22 Seiten langen Text. Nur einen kurzen Seitenhieb möchte ich mir nicht verkneifen: „Respekt“ zeigt Frau Vorkoeper nicht generell, und schon garnicht gegenüber lange in Wilhelmsburg tätigen Künstlern. Es handelt sich bei Frau V.’s „Respekt“ wohl eher um Taktik. * Der nächste Artikel S. 104 – 113, wurde von IBA-Geschäftsführer Uli Hellweg geschrieben. Sein Thema: „Die Pfade der Esel – oder Stadtentwicklung und Unvorhersehbarheit“. Ich bin überrascht. Erwartet hatte ich eine hochgestochene Schwafelei über Architektur-Probleme, aber Hellweg beschreibt eigentlich nur, ohne übertrieben rhetorische Manier oder selbstreferentiell zu werden, daß –auch bei der IBA – Pläne und Vorhaben das Eine, und die tatsächliche Gestaltung, die von vielen Eventualitäten in Frage gestellte „Umsetzung“, das Andere sind. Bei der Stadtentwicklung gibt es nicht oder schwer kalkulierbare Faktoren, es geschehen unvorhersehbare Dinge. Immer wieder passieren Pannen, Planungsfehler. Hellweg kleidet seine Notizen in das Bild vom Esel, der gerne Nebenpfade geht, also von der schnurgeraden Linie Le Corbusiers abweicht, eines noch heute von vielen geschätzten Meister-Architekten. * Noch überraschter bin ich vom nächsten Essay einer mir bis dato unbekannten Yvonne P. Doderer. Die Frau ist, erfahre ich über Wikipedia, studierte Architektin und promovierte Politik-Wissenschaftlerin, lehrte an diversen Akademien, ist seit 2005 Professorin an der Fachhochschule Düsseldorf, arbeitet zudem als Architektin, Stadtforscherin usw. Der Artikel mit der Überschrift „Zwischen allen Stühlen?! Die IBA in der ökonomisierten Stadt“ zeugt von Kompetenz in fachlichen Dingen, Eloquenz und der Fähigkeit, komplizierte Sachverhalte komprimiert, interessant und lesbar darzustellen. Frau Doderers Essay ist zudem sehr IBA-kritisch – und für ihre Kritik bringt die Frau gute Argumente. Das ist insofern bemerkenswert, als sie die Position der IBA in einem von der IBA finanzierten Buch schwächt, ja untergräbt. Sehr beachtlich! * Auf S. 146-159 schreibt Andrea Knobloch, Mitherausgeberin des Buchs und neben Frau V. Haupt-Akteurin der „Akademie einer anderen Stadt“ „Über das Einrichten unerwarteter Abzweigungen“. In einem früheren Blog machte ich mich über einen von Frau K. gestalteten „Pavillon“ lustig und veräppelte die „Akademie einer anderen Stadt“ auch in anderen Posts. Über diesen Knobloch-Artikel kann ich nur sagen: Respekt. Die Frau kann schreiben, erzählen, schnörkellos und interes-sant, sie hat ein Faible für sinnliche Eindrücke. Sie weiß literarisch zu gestalten. Oke. Molto gut. * Die Seiten 164 – 203 enthalten diverse Berichte nebst entsprechenden Fotos zu unterschiedlichen Projekte und Aktionen im Rahmen der „Akademie“-Tätigkeiten. Auf S. 210 – 231 legt Frau Vor-koeper wieder los mit „Aussicht auf Veränderungen: Akademie einer anderen Stadt 2010“. Ich erspare mich jedoch die Lektüre dieses Artikels + blättere weiter. Auf S. 239-249 schreibt Gesa Ziemer zum Thema „Fenster öffnen? Urbane Öffentlichkeiten zwischen Kunst und Nichtkunst“. Wer ist die Autorin? Im Internet erfahre ich, daß sie „Professorin für Kulturtheorie und kulturelle Praxis an der HafenCity Universität Hamburg und Ko-Dekanin für den Bereich Kultur der Metropole“ ist. Die Lektüre dieses Essays erspare ich mir - nicht weil ich etwas gegen die Frau habe, sondern weil ichs nicht mehr schaffe, nicht noch mehr aufnehmen kann. Außerdem habe ich das Buch nur ausgeliehen + ich muß es in den nächsten Tagen zurückgeben (Bücherei-Fernleihe). Schließlich will ich nicht nur lesen, sondern auch darüber schreiben. * Auch über den letzten Artikel „Überall muß das Künstlerische wirksam werden. Schnittstellen von Kunst, Schule und Bildung“ würde ich, wenn ich mehr Zeit hätte, schreiben. Schließlich bin ich Künstler, Diplom-Pädagoge und auf meine Art bildungsoffensiv. Ich hab den Kopf jetzt aber derart voll mit Informationen, daß ich Frau Wetzels Darlegungen nur noch überfliege. + mich an den Schlußspurt begebe = ein Fazit ziehe. -–Aber erst noch mache ich einen Spaziergang. ES HAT GESCHNEIT. Das gefällt mir. Mein Freund Roland ist LKW-Fahrer, er muß auch heute raus. Trotzdem: ich freu mich über viel WEISS draußen. *** 17Uhr 05: Der Schnee: vom WEISS ist das meiste geschmolzen, auf den Bürgersteigen nur noch Schnee-RESTE. *** Mein Fazit zum Buch der „Akademie einer anderen Stadt“: 290 Seiten, 38 €uro (= eine Menge Holz); die IBA hat genügend im Etat, um –ich schätze 20-25.000 €uro auszugeben. Eine preisgünstigere + leichter zu lesende Ausgabe (ohne Invertierung von Wörtern + gelbe Unter-streichungen) hätte es auch getan. ABER: 99,9 % der Wilhelmsburger wird das Buch eh am Arsch vorbei gehen, das WISSEN auch die Hrsg. – und dachten sich: Tun wir uns selber was Gutes ... Das Buch ist wie eine Bewerbungs-Mappe . --- + es gibt Parallelen zu einem anderen IBA-Buch mit dem Titel: „IBA meets IBA“. Auch „IBA meets IBA“ ist in deutsch + englisch geschrieben. In beiden Büchern geht es, so scheint mir, um Standardisierung. D.h. sich selber zur Norm machen, einen Standard setzen, an dem zukünftige weitere Publikationen gemessen werden – so das ehrgeizige Ziel. * Ich bin nicht grundsätzlich gegen Elite. Dieses Buch ist elitär. Ich glaube jedoch nicht, daß hier die BESTEN KünstlerInnen/ Theoretiker/AutorInnen, die sich über den Stadtteil Wilhelmsburg äußern könnten, zwischen den Buchdeckeln versammelt sind. Auch wenn –ich wiederhole mich- einige Artikel sehr gut und fundiert sind. Selbstkritik ist von diesen Leuten nicht zu erwarten. * Nachtrag 1.2.2012: Es besteht eine Konkurrenz-Situation, die als solche durch das Buch nicht deutlich oder erkennbar ist. Es herrscht ein Konkurrenz- und Verdrängungs-Wettbewerb. Dazu werden große Geldsummen in den Stadtteil gepumpt. Von außerhalb. Die Kriterien der Gelder-vergabe sind völlig intransparent. Auch das ist typisch für Gentrifizierung. Keine der mit Essays in dem Buch vertretenen AutorInnen wohnt in Wilhelmsburg, einige nicht mal in Hamburg. Wir werden sehen, wie die weitere Entwicklung der hiesigen Kunst- und Kultur-Szene geschehen wird. *R.S.*

W.I.R. 1-2012


Zur neuen Ausgabe des Wilhelmsburger Insel-Rundblicks fällt mir wenig Positives ein. Am besten gefällt mir das Titelbild – es wirkt wie ein Foto aus den 50-er oder 60-er Jahren, zeigt aber tatsächlich eine Frau, die heute „ehrenamtlich“ im Deichhaus kocht. * Das „Soziale“ steht, wie fast immer, im Mittelpunkt der Berichterstattung. Es ödet mich inzwischen an. Ich bin in besonderer Weise mit dem „Sozialen“ verbunden, seit mehr als 20 Jahren, selbst in künstlerischen Dingen, wo viele in mir nicht den Fachmann für Kunst und Kultur sehen, sondern den Sozialarbeiter, der Mit-Menschen unentgeldlich zu Ausstellungen und Lesungen verhilft. * 2 Leserbriefe beziehen sich auf einen Artikel im letzten „wir“ mit dem Titel „Seiten gewechselt?“, in dem die Autorin auf einen immer härter werdenen Konkurrenz- und Verdrängungs-Wettbewerb auf dem Wohnungsmarkt hinweist: Auf Verdrängungs-Wettbewerb durch Wohnungssuchende. Die Autorin beschrieb den Vorgang anhand eines Beispiels konkret. Eine Leserbriefschreiberin im w.i.r. findet diesen Artikel von S.C. zu kritisch und wünscht sich vom w.i.r. „mehr Gnade und weniger Verbissenheit“. Wenn dieser Artikel von S.C. noch gnadenlos und „verbissen“ wäre!! Ist er aber nicht. Die Redaktion des InselRundblicks muß offenbar Monat für Monat einen Eiertanz vollführen, um a) kritische Artikel unterzubringen, und b) LeserInnen nicht zu vergrätzen, denen „Friede, Freude, Eierkuchen“ über alles geht – selbst wenn dies nichts als Pseudo-Harmonie bedeutet. Das Heft selbst kostet nichts – wird aber finanziert über Anzeigen-Kunden. Und die wollen offenbar auch keine Kritik?? * Vier Seiten vollgestopft mit Adressen von Vereinen, Initiativen etc., zusätzlich mehrere Seiten nur mit Veranstaltungshinweisen. Da bleibt kein Platz mehr für Kritik und Motzen. Ja: Motzen. Im Wil-helmsburger Alltag werden einem ständig Mißstände vorgehalten, wird sich ständig und jeden Tag über dies und das beschwert. Wieso sollten sich diese Donnerwetter und Blitze nicht in den Texten einer monatlich erscheinenden Zeitschrift niederschlagen? * Ach ja: Im Februar jährt sich zum 50. Mal die Flutkatastrophe, von der vor allem die Elb-Insel heimgesucht wurde. Auf einer speziellen Seite listet der w.i.r. allein zu diesem Thema 20 (!) Veranstaltungen auf. Ansonsten scheint hier nix oder wenig los zu sein. – So schenkt diese w.i.r.-Ausgabe eine halbe A4-Seite einer Veranstaltung, die erst am 22.9. (!), also in 8 Monaten, stattfinden wird. Darf ich als Leser dieses Zuvorkommen als Zeichen besonderer Verbundenheit zwischen dem w.i.r. und dem „Verein Zukunft Elbinsel Wilhelmsburg“ verstehen? *R.S.*

Freitag, 27. Januar 2012

Chantal (2)


Nu isses raus: Die Pflegeeltern der 11-Jährigen Chantal, die letzte Woche an einer Methadon-Vergiftung starb, waren drogenabhängig und wurden mit Methadon substituiert. Ein unfassbares Detail las ich auch in der Zeitung: Bei der Überprüfung von Paaren oder Personen, die sich bereit erklären, Kinder in Pflege zu nehmen, verlassen sich die zuständigen Behörden auf deren mündliche Aussage, was Drogen-Probleme betrifft. Es werden also keine medizinischen Tests unternommen. Dabei weiß doch jeder halbwegs intelligente Mensch, daß Menschen, die unter Suchtdruck stehen, es mit der Wahrheit nicht unbedingt genau nehmen. Man ahnt aber den Grund für diese „Großzügigkeit“ der zuständigen Ämter: Für die Betreuung/Unterkunft in der Pflege-familie zahlte das Jugendamt pro Monat nur ca. 750 €uro. Die Unterbringung in einem Heim hätte dagegen 4000 € (monatlich) gekostet. * Als Wilhelmsburger beschäftigt einen die Sache natürlich. Die Familie wohnt 2 Straßen weiter. * Bezirksamtchef Schreiber, Vorgesetzter der mit diesem Fall befassten Behörde, wusch erst seine Hände in Unschuld – dann fiel ihm ein, daß vielleicht mit seiner Behörde etwas nicht in Ordnung sein könnte Da dies nicht der erste ganz schwere Hammer ist, den wir während seiner Dienstzeit erleben, meine ich, daß der Mann allmählich ernsthaft über seinen Rücktritt nachdenken sollte. Außerdem muß es eine Änderung der Prüfungs-Kriterien geben, nach denen Kinder in Pflegefamilien geschickt werden. Ab sofort muß es auch medizinische Kontrollen geben, ohne wenn und aber. * Es wäre aber zu einfach, der Behörde den „Schwarzen Peter“ zuzuschieben. Drogensucht und Verwahrlosung sind gesellschaftliche Probleme. Manche Dinge passieren auch, weil weg-gekuckt wird. *R.S.*

Helga Goetze Sophia - unvergessen ...


Vor vier Jahren starb Helga Goetze Sophia, Dichterin, Bilderstickerin und Verkünderin sexueller Freiheit und sozialen Miteinanders. Ich vermisse ihre Radikalität und Offenheit, ihre Briefe, Zuwendung und Kritik. Das folgende Gedicht von ihr druckte ich 1996 in der # 6 von herzGalopp, meiner "Zeitschrift für Poesie und Lebenskunst":

Vater Euer
Vater Euer, der du bist
im Himmel und auf dieser
verkotzten Erde.
Verflucht sei dein Name.

Dein Reich: sichtbar dort im Himmel
und auf dieser Erde, verschmutzt,
wie kann man je ihm vergeben
seine Schuld?

Da er uns seine
Paradiese der Entsagung
vorgaukelte und damit das
Frieren permanent
zur Wohltat pries.

Verkühlte Seelen und verkühlter
Geist: RECHENMASCHINEN.

Er führte uns in die Versuchung
mehr zu sein als Natur,
weniger.
Und stieß uns in die Übel seines
Reiches von Sadismus und
Einsamkeit.
Diese Kraft von Brutalität
und Haß in seiner
verfluchten Ewigkeit -
dieser NON-FUCKER.

Helga Goetze Sophia

Donnerstag, 26. Januar 2012

Chantal (Tagebuch-Notiz)

Nun zeigt es sich wieder, das problematische, häßliche, verstörende, schreckliche, lästige Wilhelms-burg. Monatelang gings aufwärts, die Tagespresse und Wochenblätter waren voller Erfolgs-meldungen, ob IBA, igs, Sprinkenhof AG, Hochtief oder wer auch immer. Es boomt ... – + nun DAS!... Ein 11-jähriges Mädchen stirbt an Methadon, einem Ersatzmittel für harte Drogen. Chantal ist nicht geistig behindert, hat das Mittel also nicht aus Versehen genommen. Oder doch – aus Versehen genommen, weil die Flasche falsch etikettiert war? Oder hat sie das Zeug bewusst genommen, weil der Vater oder die Pflegemutter oder wer auch immer es ihr vormachten? Oder wollte sie sich gar umbringen? Die Zeitungen sind voller Gerüchte und Vorwürfe und Spekulationen. Das Mädchen wollte zu ihrem leiblichen Vater zurück. Abgesehen von der Tragik des Falles: Mir – uns – wird ins Gedächtnis gerufen, mal wieder bewusst gemacht, daß es in diesem Stadtteil Probleme gibt, die gerne unter den Teppich gekehrt werden. Auf den Immobilien-Markt wirken sich solche Horror-Meldungen nämlich nicht gut aus. Kaum findet die Meldung den Weg in die Öffentlichkeit (am 16. Januar wurde Chantal tot gefunden), geht auch schon die Schlamm-Schlacht los. Wer hat SCHULD? Mutter – Stiefvater – Vater? ODER doch eben die Behörde, das Jugendamt. In der BILD Fotos einiger Beteiligter, u.a. der Freund der Stiefmutter, ein ehemaliger Knacki – mit Tätowierungen auf beiden Armen. Sind Männer, die im Gefängnis waren, besonders menschenverachtend oder kinderfeindlich? Ich dachte, diese Klischee-Vorstellung hätten wir hinter uns gelassen. Auch ein Bild von Herrn Schreiber, unserem Bezirksamt-Mitte-Chef, ist zu sehen, wieder mal. Und wieder mal macht der Politiker und Ober-Bürokrat keine gute Figur. Es ist nicht das erste mal in Wil-helmsburg, daß in einer Pflegefamilie ein Kind stirbt. Der Verdacht liegt nahe, daß das Mädchen in die Familie gegeben wurde, weil solch eine Unterbringung wesentlich billiger ist als eine Heim-unterkunft. Und drückten deshalb die Verantwortlichen aus der Behörde ein Auge zu? ... schauten sich deshalb nicht so genau die Frau und den Mann an, in dessen Obhut das Kind gegeben wurde? Immerhin saß eine (leibliche) Tochter der Pflegemutter wegen Drogenschmuggels im Gefängnis und ging –lt. BILD- in St. Georg anschaffen. Wussten die Behörden nichts davon? Oder lügt BILD? *** Jetzt haben wir den Schlamassel. Ein paar Wochen wird der Fall noch für Schlagzeilen sorgen. Dann wird das Tagesgeschäft mit seinen Erfolgsmeldungen „Und wieder wurde ein Bau-Projekt fertig gestellt“ das problematische, häßliche, verstörende und lästige Wilhelmsburg beiseite schieben. *R.S.*

Mittwoch, 25. Januar 2012

Text-Labor Bergedorf im Februar


Von der Veranstaltungsreihe, die es seit knapp einem Jahr gibt, gehen sehr positive Impulse aus. Wir unterstützen sie daher voll + ganz und weisen auf das nächste Treffen am Mittwoch, den 1.2. hin. Ort: BELAMI, Holtenklinker Str. 26. Beginn: 19 Uhr 30. Man kann sich vor Ort ab 18 Uhr 45 anmelden. Gelesen und performt können deutschsprachige Texte bis 10 min Länge. Zwischen den literarischen Beiträgen gibt es live-Musik verschiedener Künstler. Moderation: Petra Klose. * www.textlabor-bergedorf.de *R.S.*

WortKunst - Poetry im WESTEND





Zwei Autorinnen und sieben Autoren aus Bergedorf, City Nord, Mümmelmannsberg und Wil-helmsburg lasen und performten eigene Texte. Nach dem Kunstbüro-Essen ging es los. Es wurde ein spannender, Mut machender Abend. Sehr lebendig. Die einzelnen Beiträge von Erich Heeder, Volker Pribow, Petra Klose, Eberhard Höhner, Arne Poek, Günter Kutzke, Darijana Hahn und Helmut Reithofer waren wie intensive Filme voller Inhalt, Leben, subjektiv unterschiedlicher Kraft, Ausdrucksformen usw. Den Zuschauern wurde einiges geboten. Gäste und Aktive mischten sich in erfreulicher Weise. Wir waren insgesamt 22 oder 23 Leute. * Am Dienstag, den 28. Februar richtet das Wilhelmsburger Kunstbüro den nächsten WortKunst-Poetry - Abend im WESTEND. * Wir brauchen keine IBA und igs, um interessante Künstler nach Wilhelmsburg einzuladen. *R.S.*

Wer malt, schmeißt keine Bomben


Inge Seipel schenkte mir eine Kopie ihres Gemäldes "Wer malt, schmeißt keine Bomben". Der Satz erinnert mich an die These, daß MALEN eine Art Traum-Arbeit sei, der Nicht-Realität und Imagination näher als der Wirklichkeit. Inge lebte lange in Wilhelmsburg, in einer WG in der Fährstraße. Seit einigen Jahren wohnt sie in Harburg. * Wir sind kreativ und radikal. Unsere Waffen sind Pinsel, Farbe, Buntstifte, Ölkreiden usw. *R.S.*

Montag, 23. Januar 2012

Gentrifizierung: Statt Bäumen profitabler Ersatz


In Wilhelmsburg wird demnächst ein "Wälderhaus" eröffnet. Nachdem mehrere tausend Bäume für die Internationale Gartenschau + die Internationale Bau-Austellung gefällt wurden, versucht man nun der Kritik daran mit einem Salto Mortale zu begegnen. Der für das "Wälderhaus" zuständige Architekt A. Heller hantierte auf der Pressekonferenz mit einem Stück Holz und behauptete großmundig: "Wir tragen den Wald nach Wilhelmsburg". Ich finde den Witz gut - vielleicht kann die Nummer demnächst mal bei einer Faschings-Veranstaltung nachgestellt werden. Clever sind diese Leute, das muß man ihnen lassen. Sie schlagen gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe. Nicht genügend Nutzen abwerfende Bäume werden zu tausenden gefällt - aber mit dem "Wälderhaus" wird nicht nur ein weiterer Touristen-Magnet in Wilhelmsburg plaziert, sondern auch - Wind in die "Bildungsoffensive" gepustet, der sich ja vor allem die IBA verpflichtet fühlt. Denn, wie bei der Pressekonferenz gesagt wurde, müsse man "gerade Kindern" den "Wald näherbringen". "Einer Studie zufolge seien 30 % aller Drittklässler noch nie im Wald gewesen". Apropos Studie: Es wäre doch mal interessant, eine Studie darüber zu erstellen, was die hiesige Bevölkerung davon hält, daß tausende Bäume gefällt werden. Man braucht nicht viel Phantasie, um sich auszurechnen, weshalb eine solche Studie nicht in Auftrag gegeben wird. Die Öffentlichkeits-Arbeit unserer Gentrifizierer zeichnet sich dadurch aus, daß sie sich aus einer Fülle von Informationen stets genau die heraussuchen, die ihnen ins Konzept passen. * Auch weitere Leckerlis, mit denen die "Wälderhaus"-Betreiber Punkte zu sammeln suchen, könnte entsprechend auf einer Karnevals-Sitzung kommentiert werden. Den Satz "Wir werden klarmachen, daß die ökologische Idee nicht mit einem Komfortverlust verbunden ist" verspricht der Hotelbetreiber. Es ist schon aberwitzig: Erst wird großflächig Natur zerstört - dann die dahinter steckenden Interessen ökologisch begründet. * Schade, daß die Hamburger insgesamt Karnevals-Muffel sind. IBA und igs bieten Steilvorlagen für manche Bütt. *R.S.*

Leo Trotzki: "LITERATUR und REVOLUTION"


Leo Trotzkij (1879-1940), russischer Theoretiker der Weltrevolution, baute ab 1918 die Rote Arbeiter- und Bauern-Armee auf und war einige Jahre lang deren Oberbefehlshaber. Er war nicht nur ein glänzender Heerführer, sondern umfassend gebildet und u.a. ein profunder Kenner der westeuropäischen und russischen Literatur und ihrer Entwicklung. Die in dem Buch „Literatur und Revolution“ abgedruckten Aufsätze entstanden zwischen 1904 und 1923. Bisher war mir Trotzkis „Theorie der permanenten Revolution“ ein Begriff und ich wusste, daß er von Stalin aus Rußland vertrieben (1929) und im mexikanischen Exil schließlich von einem russischen Agenten ermordet wurde. Die in diesem Band zusammengefassten Schriften enthalten viele für mich interessante Informationen. * Der aus einer jüdischen Bauern-Familie stammende Trotzkij kannte die Werke viele Schriftsteller genau, war mit Temperament, Ideologie, stilistischen Eigenheiten, persönlichen wie gesellschaftlichen Entwicklungen der Dichterinnen und Autoren bestens vertraut. Auch wenn er sich polemisch, kritisch, sarkastisch über einige äußert, etwa über Wladimir Majakowskij: Letztlich zeigt er Respekt, beweist mit seinen Essays, daß er selber schreiben kann, sich mit den Autoren, was die Beherrschung der handwerklichen-sprachlichen Ausdrucksmittel betrifft, „auf Augenhöhe“ befindet. * Das Buch gewährt tiefe Einblicke in die russische Kultur und Literatur-Szene im frühen 20. Jahrhundert sowie die Denkweise eines Mannes, der ein exzellenter Stratege war. Es ist spannend zu lesen. Ich erfahre u.a. Näheres über die russischen Futuristen, aber auch über die Beziehungen der damaligen Bürger zum Volk – zu den Arbeitern und Bauern. Leo Trotzkij selbst stammte aus einer ukrainischen Bauern-Familie, ließ sich von radikaldemo-kratischen Ideen leiten und wurde als junger Mann zum „Volkstümler“. Neben den Volkstümlern (Narodniki) gab es –auf Seiten der Opposition- die Intelligenzler, zu denen, grob gesagt, Vertreter der gebildeten Schichten zählten, die sich später großenteils der Revolution anschlossen. Für mich liest sich „Literatur und Revolution“ über längere Passagen wie ein spannendes Geschichtsbuch. Der Autor ist „engagiert“, aber trotz seiner ideologischen Überzeugung wird er nicht plump oder wissenschaftlich-steril. Er sieht und bewertet Künstler und Dichter nicht allein nach Nützlichkeits-Kriterien, sondern begegnet ihnen mit großem Respekt. Im mexikanischen Exil pflegte er Kontakte zu den Malern Diego Riviera und Frida Kahlo. 1938 verfasste er ein Manifest für eine revolutionäre Kunst, das u.a. von Andre Breton unterschrieben wurde. * Ich werde durch die Lektüre nicht zum Trotzkisten –der Mann ließ als Heerführer u.a. Bauernrevolten und den Aufstand der Kronstädter Matrosen „mit erbarmungsloser Härte und Massenerschießungen“ (Wikipedia) unterdrücken. Trotz seiner Verantwortung hierfür sehe ich in Trotzkij einen kompetenten Kritiker und Kenner der russischen Intelligentsia und Literatur-Szene. Er beweist umfassendes psychologisches wie politisch-soziologisches Verständnis für die Menschen, über die er schreibt. * Das Buch erschien 1994 im „Arbeiterpresse-Verlag“ und ist nur antiquarisch zu erwerben oder über staatliche Bibliotheken auszuleihen. *R.S.*

Samstag, 21. Januar 2012

Hugo Wolf


+ noch ein Buch, nein: Büchlein, für gerade mal 50 Cent gekauft. Hugo Wolf (1860 - 1903) ist, neben Franz Schubert, der wohl bedeutendste Lieder-Komponist der Neuzeit bzw. Spät-Romantik. Thomas Manns Roman "Doktor Faust" basiert auf der Lebensgeschichte Hugo Wolfs. Mit am bekanntesten und beliebtesten sind Wolfs Lieder, die er nach Gedichten von Eduard Mörike komponierte. Vermutlich als Spät-Folge einer Ansteckung mit Syphilis wurde der Komponist mit 37 Jahren auffällig und landete in der niederösterreichischen Landesirrenanstalt, wo er, "geistig umnachtet", 1903 starb. * Das Büchlein erschien 1937, enthält neben 35 S. Text auch 40 Seiten s-w-Bilder (Fotos, Repr. von Gemälden usw.). * Auf you tube kann man sich Dutzende Filme mit Aufnahmen von wunderschönen (= hart erarbeiteten) anhören. *R.S.*

Freitag, 20. Januar 2012

Franco Basaglia : Die negierte Institution



Der komplette Titel ist „Die negierte Institution oder Die Gemeinschaft der Ausgeschlossenen – Ein Experiment der psychiatrischen Klinik in Görz – Herausgegeben von Franco Basaglia“. Ich erstand das Buch für 1 € auf dem Flohmarkt. Görz liegt im Nordwesten Italiens in der Nähe zur jugoslawischen (heute: slowenischen) Grenze. Das Experiment, von dem die Interviews, Aufsätze, Statements und Berichte künden, passierte Ende der 60-er Jahre des vorigen Jhdt.’s. In der erwähnten Klinik wurden nach und nach die strengen Regeln aufgelockert, die die Kranken, die eigentlich Therapie brauchten, zu Gefangenen machten. Aus Eingesperrten wurden Freigänger. Auch die letzte geschlossene Abteilung in Görz wurde schließlich als solche aufgelöst – ihre Bewohnerinnen bekamen freien Ausgang wir die anderen auch. * Dieses erfolgreiche Experiment (das zeigte, daß möglich war, was jahrhundertelang als undenkbar gegolten hatte) löste ein breites Echo aus. Auch anderswo, z.B. in Deutschland, wurden „Irrenanstalten“ (das Wörtchen wurde aus Gründen der political correctness indiziert = quasi verboten) und die darin herrschenden Verhältnisse kritisiert. Die „Anti-Psychiatrie“ als politische Bewegung und Gegenmacht wurde gegründet. In Hamburg entstand 1971 u.a. der AK ’71 (Aktionskreis 71), dessen Kern aus ehemaligen Psychiatrie-Patienten und Helfern und Freunden bestand. * Zu den kompetenten Kritikern der Psychiatrie gehörten u.a. der fran-zösische Schriftsteller und Philosoph Michel Foucault, der englische Psychiater Ronald Laing (Das geteilte Selbst“, „Das Selbst und die Anderen“ u.a. Werke), David Cooper („Der Tod der Familie“ u.a.), Alexander Mitscherlich („Der Kranke in der modernen Gesellschaft“ u.a.), Klaus Dörner (der in der Hamburger Uni-Klinik arbeitete und den auch einige AK 71-Mitglieder kannten. * Die antipsychiatrische Bewegung entwickelte keine Patent-Rezepte zur „Heilung“ von Kranken und zur generellen Auflösung von Anstalten. Sie beruhte vor allem darauf, daß Menschen sich auf stigmatisierte und als „unheilbar“ geltende Geisteskranke einließen, d.h. auf konkrete Menschen und konkrete Situationen. In einem längeren Prozeß, der stets, seitens der Psychiater und anderen Ärzte, Pfleger usw. auch als Selbsterfahrung erlebt und reflektiert wurde, wurde gleichzeitig nach Alternativen gesucht. Auch wenn die Antipsychiatrie als „breite Bewegung“ aufgefasst und interpretiert wurde, lebte sie von de-zentralen Experimenten und Versuchen, die möglichst konkret auf die jeweiligen Orte, Bedingungen, Menschen reagierte. * Das Thema ist heute nicht sehr aktuell, jedenfalls nicht –anders als in den 70-er Jahren- in linken Gruppierungen. Mich berührt das Thema auch heute, da ich häufig mit psychisch Kranken, Neurotikern wie Psychotikern, zu tun habe. Als junger Mann las ich neben Gedichtbänden und „Underground“- und Literatur-Zeitschriften auch Bücher von Laing, Cooper („Der Tod der Familie“) u.a. * Mein – UNSER Protest damals „gegen die Zustände in den Anstalten“ war stark moralisch motiviert. Wir machten uns wenig Gedanken darüber, welchen Personal-Aufwand die Auflösung von Geschlossenen Anstalten auch bedeutet. Heute besuche ich noch ab und zu einen ehemaligen Genossen in einer geschlossenen forensischen Abteilung. (Wikipedia bietet viele Informationen zum Thema) - Das Buch erschien 1971 bei Suhrkamp als Taschenbuch, ist nur noch antiquarisch erhältlich. * R.S. 20.1.2012

Mittwoch, 18. Januar 2012

Wort-Kunst Poetry im WESTEWND


Das Kunstbüro Wilhelmsburg veranstaltet am nächsten Dienstag, 24.1., den ersten WortKunst - Poetry - Abend im WESTEND (Vogelhüttendeich 17). Jede/r Interessierte bekommt bis zu 10 Minuten, um eigene Texte vorzutragen. Ihr könnte auch zu unserem Abendessen kommen, das um 18 Uhr beginnt. Voranmeldung wäre ganz gut - zur besseren Planung. - Das WESTEND erreicht ihr mit dem 13-er Bus ab Veddel: Bis Haltestelle Stübenplatz fahren, dann paar Meter zurück gehen auf den Vogelhüttendeich + links runter ... *R.S.*

Terese Schulmeister: FLESH FLASH



War im Anfang das Ei - oder das Huhn? Oder: war erst der Hahn da - und dann die Henne? Die Gemälde der (österreichischen) Künstlerin erzählen kleine Geschichten, vielleicht darf man sagen Gleichnisse. Zu einem GROSSEN Thema. Auf den ersten Blick ähneln etliche der Werke Bildern Otto Mühls, die in seinem Gefängnis-Tagebuch abgedruckt sind. Nach dem zweiten Hinsehen denke ich: Die Künstlerin tritt das Erbe Mühls an, wandelt in den Spuren des Mal-Meisters Otto. Der hat allerdings nicht die gleiche Schuhgröße und bevorzugt eine andere Gangart. * Das Thema Sexualität fliegt einem allmählich zum Ohr hinaus; zum Glück sind die Schulmeister-Bilder erfri-schend un-perfekt. Hier wird noch - immer noch - gemalt. Mit dem Pinsel gefochten. UND halt ERZÄHLT. „es geht um eine philosophie der sexualität, die den körper und seine funktionen bejaht und die extase als psychophysisches ereignis zum Thema macht. Es geht um transparenz und die entwicklung einer nie abgeschlossenen aufklärung meiner gefühle, wunsch-vorstellungen und tabus zu objektivieren und zur bildlich verdichteten klarheit und einfachheit zu kommen, zu einer logik des körperlichen, die ohne metaphysik auskommt“, beschreibt die Schul-meister ihren Anspruch. * Im Vorwort trägt Eva Maltrovsky viele kluge Bemerkungen bei, um die Brücke zu feministischer Kunst zu schlagen, und erwähnt u.a. die großartigen Maria Lassnig, Valie Export und Pipilotti Rist. Künstlerisch befindet sich T.S. auf einem anderen Boot. Sie gehörte zu den Protagonistinnen der AA-Kommune Mühls; dort ging es auch um Emanzipation, Frauen-Emanzipation, auch wenn die Medien diese Tatsache oft übergingen und in ihrer Berichterstattung meist auf den Unhold Mühl fixiert waren. Heute habe ich den Eindruck bei vielen sog. postfeministischen Künstlerinnen bzw. postmodernen Feministinnen (dazu zähle ich weder T.S. noch andere im Vorwort erwähnte), daß es nicht mehr um „Kampf gegen Unterdrückung“ oder „patriarchale Bevormundung“ geht, sondern – um die Absicherung von neuen Privilegien und Rache am „bösen Mann“. Die post-feministische Emanze will sich nicht mehr mit Fragen herum-quälen, wer oder was zuerst da war, sondern hat pragmatisch nur noch eines im Sinn: ihre KAR-RIERE. ** Vom ganz genauen Hinsehen auf Details der Bilder zwickt dem Blogger leicht das rechte Aug; deshalb klappt er den Katalog (50 Seiten) zu und schickt per Gedanken der Künstlerin einen kurzen Gruß ( ... ) + schaut, was gerade noch so auf dem Schreibtisch liegt. Das nächste Buch bitte! --- * Die Schulmeister experimentiert m.E., hat eine Bandbreite von Ausdrucksformen + ist nicht auf einen Mal-Stil o.ä. festgelegt. Sie empfängt übrigens Besuch: Auf ihrer Homepage: www.tereseschulmeister.at *** Nachtrag 19.1.: Ein Bekannter findet meine Bemerkungen "inte-ressant", fragt aber, wenn ich "gegen Karriere" sei, was ich denn "statt dessen vorschlage". :: Die Frage ist berechtigt ... eine kurze Antwort habe ich nicht. Natürlich wünsche ich ... Leuten-Menschen-Künstlerinnen, die ich gut finde, ERFOLG. Erfolg + Karriere sind aber zweierlei. Vorläufiges Fazit: Das Thema ist sehr komplex. Meine Blogs sind nichts weiter als Statements, relativ schnell geschrieben, geben eine Meinung wieder. Mehr nicht. *** *R.S.*

Dienstag, 17. Januar 2012

Integration von Oben


In der Bücherhalle Kirchdorf (beim S-Bahnhof Wilhelmsburg) werden ca. 25 aus Schaumstoff aus-geschnittene und mit Stoffen unterschiedlicher Form und Struktur umhüllte bzw. ein- und über-nähte WORTE ausgestellt. Deutsche Worte wie Erziehung – Freunde – Kinder – Gott usw., aber auch russische bzw. arabische Worte. Das Projekt wurde von der IBA finanziert (aus dem Etat von „Kunst macht Arbeit“) und mit einem Künstler sowie Besuchern der Textilwerkstatt „NähGut“ der Grone Netzwerk GmbH realisiert. * Den Teilnehmerinnen an dem Projekt – bzw. der Maßnahme standen 50-60 Worte zur Auswahl, Worte mit besonderer Bedeutung – emotionalem Wert für die Tn. Leider finden sich keine Angaben darüber, ob die Teilnahme an dem Projekt – dessen Ziel „Integration“ ist – freiwillig war und nach welchen Kriterien die Probanden ausgesucht wurden. Dem Worte-Fundus nach zu schließen handelte es sich bei den Tn um Türken, arabisch-sprachige und russische Migranten. * Daß die Schaumgummi-Stoff-Gegenstände als „Kissen“ bezeichnet wurden, ist ebenso verwunderlich wie die Behauptung „Wenn man seinen Kopf auf ein Kissen legt, ist man zu Hause“ (Der Neue Ruf, 14.1.). * Fazit des Bloggers: Daß die Beherrschung einer Sprache von Bedeutung ist, um Einfluß auf die Menschen zu nehmen und sie ggfs. zu kontrollieren, wissen nicht nur Dichter, Schriftsteller und Künstler im weiteren Sinn, sondern auch der Staat und um Integration bemühte Einrichtungen. Und so werden Worte von zentraler Bedeutung ausgeschnitten und mit Stoffen verhübscht und ästhetisiert. * UND??? * Die Öffnungszeiten der Bücherhalle Kirchdorf: Mo-Di-Do-Fr jew. 11-13 + 14-18 Uhr *R.S.*

Montag, 16. Januar 2012

Lesung im Rick's Cafe


Da außer mir niemand fotografierte, gibt's kein Bild von mir in Aktion; aber von HELMUT ... der Saxophon spielte: vor allem Kinder- und Volks-Lieder, kräftig und offensiv + eine große Unterstützung war an diesem Abend. Ohne ihn hätte ich kaum so munter durchgehalten, da einige angetrunkene Gäste, noch von einem Skat-Turnier zuvor, meinem Hinweis, Ruhe zu geben, nur mit Widerwillen nachkamen. ALLEIN hätte ich echte Probleme bekommen. Insgesamt eine erfreuliche Veranstaltung. Meine alte Freundin Doris war gekommen, mein alter Mitstreiter aus frakral-Zeiten Jokkl, Katharina saß mit am Tisch, außerdem paar alte Bekannte, einige neue Gesichter = junge Leute (was mich besonders freute) usw usw. * Mein Thema war das Leben in Wilhelmsburg ..., Leben als Poet (Dr. Buhmann!!!), ... Hausbewohner ... Wie immer bei solchen Anlässen erzählte ich auch einiges spontan, improvisierend, denn es langweilt mich irgendwann, nur vom Blatt abzulesen; auch der Wirt war hocherfreut, "angetan", wie man so sagt. * Ich empfehle das RICK's CAFE (Wilhelmsburg, Ecke Otter-haken/Fährstraße) natürlich auch deshalb, weil hier seit 2010 einige Gemälde von mir hängen: Porträts von Musikern (Little Richard, James Brown, Downliners Sect, Arthur Lee's Love u.a.). * Also weiter denn! Helmut + ich werden immer besser! (Tarzan-Ruf::) Mainstream, wir kom-men! * usw. *R.S.*

Samstag, 14. Januar 2012

MUH ! MUH ! oder: Viel Lärm um Nichts

Anfang Dezember erschütterte ein Kunst-Skandal unerhörten Ausmaßes die Kultur-Hochburg Wilhelmsburg bis in seine Grundfesten. Die Hafenverwaltung hatte gewagt, in Sichtweite der Skulptur "Das Goldene Kalb" der Altonaer Künstlerin Elisabeth Richnow einem anderen Kreati-ven einen Auftrag für großflächige Wandmalerei zu erteilen. Die Künstlerin war schwer beleidigt, bekam massive Unterstützung durch das "Wilhelmsburger Wochenblatt" und den "W.I.R." und kündigte an, das seit über drei Jahren im Hafen plazierte Kunst-Kalb vom Sockel zu holen. Ich bloggte dazu am 2.12. und riet, das Viech vor der IBA-Zentrale aufzustellen. Was passierte seither? NICHTS. Das lackierte Ding steht immer noch am selben Ort, ist auch nach wie vor beleuchtet... (den Strom zahlt NICHT die Künstlerin ...) MUh-Muh-Muh, ach du arme Kuh ... *R.S.*

Gentrifizierung: Veddel - Peutestraße


Hamburger Bau-Unternehmen im Auftrags-Rausch: Große Teile Hamburgs sind seit vielen Monaten Baustellen. Nun hats auch die Veddeler Peute erwischt. Ein Teil des denkmalgeschützten Gebäude-komplexes in der Peutestr. 22-28 fiel bereits Baggern und Abrißbirnen zum Opfer. Der SPD-Abgeordnet Klaus Lübke führt die rigorosen Maßnahmen auch darauf zurück, daß Bauanträge früher in den Bezirksversammlungen besprochen und von den Ämtern bewilligt (oder abgelehnt) wurden. Heute ist der Entscheidungsweg ein anderer: Die HPA (Hamburg Port Authority), der das Gelände gehört, erlaubte sich selber den Abriß (-Infos aus Artikel im „Neuen Ruf“). Da fragt man sich natürlich, wozu es überhaupt einen Denkmalschutz und entsprechende Gesetze gibt. * Im noch stehenden Gebäudekomplex (siehe Foto) wirkte ich 2005 an dem Kreativ-Projekt „Blue Box Peute“ mit. Damals hieß es, es sei geplant, das Gebäude in Ateliers u.ä. umzuwandeln. Ein paar Künstler, Designer o.ä. sollen dort noch heute Werkstätten unterhalten. * Die Frage tut sich auf: Was kommt an die Stelle des trotz Denkmalschutz abgerissenen Gebäudekomplexes? Gibt es überhaupt Pläne? *R.S.*

Gentrifizierung; Vorher - Nachher


Die Wilhelmsburger Künstlerin Christine Käfer bastelte für 2012 einen Kalender, in dem sie die Natur- und Baum-Frevel von IBA und igs bloßlegt. Den in voller Pracht stehenden Baum fotografierte sie bei der Bushaltestelle Groß Sand. Und drückte auch auf den Auslöser, um das "Nachher" festzuhalten. *R.S.*

Freitag, 13. Januar 2012

Allan Turing


Der seit vielen Jahren auf mainstream- und Kommerz-Kurs liegende SPIEGEL bringt in der neuen Ausgabe einen Artikel, für den sich die 4€ Kaufpreis lohnen. Unter der Überschrift „Das Phantom“ berichtet das Magazin über einen Sonderling und Mathematik-Genie, das 1954 unter tragischen Umständen starb. Allan Turing gelang es im 2. Weltkrieg quasi im Alleingang, die sagenumwobene Codierungsmaschine „Enigma“ der deutschen Wehrmacht zu entschlüsseln. Zum 100. Geburtstag des Engländers am 23. Juni plant das Heinz-Nixdorf-Museumsforum (HNF) in Paderborn eine Ausstellung über das Schaffen des „von Rätseln Umrankten“, der nur wenige Aufzeichnungen hin-terließ. Der SPIEGEL zitiert Hans Magnus Enzensberger, der den Sonderlingsstatus Turings fol-gendermaßen kolportiert: „Fest steht, daß er nie eine Zeitung gelesen hat; dass er sich seine Hand-schuhe selber strickte; daß er fortwährend Koffer, Bücher, Mäntel verlor; und daß er, sofern er bei Tisch sein hartnäckiges Schweigen brach, in ein schrilles Gestotter verfiel oder krähend lachte“. Dieser Mann, der sich größte Verdienste beim Sieg über Nazi-Deutschland erwarb, wurde von seinem Land schmählich im Stich gelassen. Aufgrund seiner Homosexualität kam er vor Gericht und wurde zu einem Jahr Gefängnis verurteilt – ersatzweise Behandlung mit dem weiblichen Hormon Östrogen, „die seinen vermeintlich widernatürlichen Sextrieb einschläfern sollte. Turing wählte Letzteres und scherzte über die Oberweite, die er nun entwickelte. Tatsächlich aber verfiel der gestähl-te Sportler (Marathonbestzeit 2:46 Std.) wegen der einsetzenden Verweiblichung in tiefe Depressi-onen“. Und starb 1954 mit Verdacht auf Zyankali-Vergiftung. Wahrscheinlich verübte er Selbst-mord. * Der SPIEGEL-Bericht hebt die zahlreichen Schrullen und Verschrobenheiten des „großen Exzentrikers“ hervor. Auf Wikipedia findet der interessierte Leser im Internet weitaus sach-bezogenere und den Status als Mathematik- und Informatik-Genie plausibel begründende Informa-tionen über Turing. * Es gibt einen Aufsatz von Oswald Wiener mit dem Titel „Eine Art Einzige“, in dem es vor allem um das Dandytum geht. Darin sind längere Passagen Allan Turing und dem nach ihm benannten „Turing-Test“ gewidmet. *R.S.*

Donnerstag, 12. Januar 2012

Gentrifizierungs-Opfer: A.I.W.


Der „Book+Byte“-Laden in der Veringstraße musste bereits vor längerer Zeit aufgegeben werden, ebenfalls das Computer- und Fahrrad-Geschäft auf der Veddel. Die Fahrrad-Werkstatt verlagerte ihren Sitz vom Veringhof in die Industriestraße. Das „Sammelsurium“-Kaufhaus, das am Berta Kröger-Platz residierte, zog ebenfalls in die Industriestraße, zuletzt gefolgt von der MöWi (Möbel-hilfe Wilhelmsburg), das die Miete für die Räume in der Dierksstraße nicht mehr aufbringen konnte. Die genannten Läden und Einrichtungen waren Bestandteil der A.I.W. = Arbeitslosen-Initiative Wilhelmsburg. Sie erlebte ab ca. 2004/5 einen Boom, als sie über die Beschäftigung von 1€-Jobbern überreichlich mit Geld ausgestattet wurde, so daß nicht nur diverse Werkstätten u.ä. angemietet, sondern auch etliche Mitarbeiterinnen in Festanstellung übernommen werden konnten. Durch die Streichung der allermeisten 1€-Job-Stellen, die der AIW pro Monat jeweils ca. 500 € (Schätzung des Bloggers) einbrachten, fehlen der AIW nun monatlich 25.000 – 30.000 €, um den alten Status aufrecht erhalten zu können. Immerhin beschäftigt die Initiative noch 22 Menschen „nach §16 e“, außerdem sind etliche Leute ehren-amtlich tätig. * Gegründet wurde die AIW als Verein 1989 – im gleichen Jahr wie mein „För-derkreis Wilhelmsburger Kunstbüro e.V.“ Bedauerlich an den Problemen der AIW ist, daß sie aus einer Selbsthilfe-Initiative vor Ort entstand, an dem viele Wilhelmsburger beteiligt waren bzw. noch sind. Sie leistet seit einigen Jahren Basis-Arbeit, teilweise unbezahlt, und ist relativ gut im Stadtteil verankert. Die AIW ließ sich etwas blauäugig von dem Hype, der bereits im Vorfeld der Umstrukturierungsmaßnahmen durch IBA und igs einsetzte, dazu verleiten, überhastig zu expandieren nach dem Motto: „Was wir an Geldern kriegen können, nehmen wir mit“. Die sehr gute finanzielle Unterstützung des Staates bzw. Arbeitsamtes durch die 1€-Jobs wirkte uneigennützig. In Wahrheit erwartete das Arbeitsamt jedoch, daß die 1€-Job-Stellen für möglichst viele nur eine Zwischenstation bei der Rückkehr auf den „ersten Arbeitsmarkt“ sein sollten. Tatsächlich wurde höchstens eine Handvoll Leute in Festanstellung vermittelt. Zumindest bis 2007 war ich der Einzige (!), der über einen bei der AIW begonnenen 1€-Job für immerhin zwei Jahre in Festanstellung kam (2006-2008 in einem Altenheim, 20 Std. pro Woche). Dankbar bin ich dem AIW-Geschäftsführer Januschek für einen Tip, den er mir mal gab, als ich Unterstützung für ein großes Kunst-Projekt suchte. Ansonsten erfuhr ich bzw. mein Kunstbüro-Verein bei der erhofften Kooperation mit der AIW zahlreiche Nicklichkeiten, unsolidarisches Verhalten oder schlicht Dummheit. Das fing damit an, daß uns nicht gestattet wurde, im „book+ byte“-Laden Lesungen zu veranstalten. Die AIW ließ sich naiv und im Vorgefühl kommender Macht vor den Karren der IBA spannen. Der Kunstbüro-Verein wurde ausgetrickst bzw. ausgegrenzt. Dann die lächerliche Farce um die Theater-Gruppe, die ich leiten sollte ... Ebenso lächerlich das Hickhack um die Wanderausstellung, die vom Kunstbüro FÜR das KWW organisiert wurde. Bis zuletzt hielt die IBA an dem mit viel gutem Willen und noch mehr Dilettantismus und Naivität gestarteten „Kunst Werk Wilhelmsburg“ (KWW) fest, das zuletzt noch aus ein paar AIW’lern bestand, ausnahmslos Nicht-Künstlern bzw. (bestenfalls) Hobbymalern. Der Kunst- und Kultur-Bereich macht bei der AIW nur einen Teil des Aktivitäten aus. Dort erlebte ich Inkompetenz und Überheblichkeit in erschreckendem Ausmaß. * Festzuhalten bleibt: Die politischen Kräfte und Mächte, die diesen Stadtteil auf den Kopf stellen und die Bevölkerungs-Struktur spürbar umwandeln wollen, bedienen sich zeitweise einzelner Künstler, bisweilen auch ganzer Gruppierungen Kreativer und Vereine – und wenn sie sie nicht mehr brauchen, lassen sie sie fallen. Diese Vorgehensweise hat System und ist weitgehgend identisch mit dem, was wir „Neoliberalismus“ nennen: Menschen und Gruppierungen als austauschbare Größen. That’s Gentrifizierung! Ich habe zwei Jahre ge-braucht, um auf den Trichter zu kommen und bestimmten Mächten zu mißtrauen. * Ich bin übrigens seit 2006 Mitglied der AIW. Auch aus diesem Grund äußere ich mich so kritisch über die Initiative. * Wir brauchen keine Tränen zu vergießen. Das Deichhaus als Ort für Essenausgabe, Veranstaltungen etc. bleibt der AIW auf jeden Fall. Außerdem: NOCH können die großen Räume in der Industriestraße gehalten werden. * Zu hoffen ist: Daß aus den Erfahrungen Konsequenzen gezogen und gelernt wird. Ich sehe keine Alternative zum kapitalis-tischen System, aber es zeigt sich: Es bringt für manche Probleme keine Lösung. Der einzelne Mensch muß sehen, wie er klar kommt. Wer auf Solidarität setzt, wird enttäuscht. * Der oben abgebildete Ztg.-Artikel stammt aus dem Wilhelmsburger Wochenblatt. *R.S.*

Samstag, 7. Januar 2012

Hans Meyer: "Das unglückliche Bewußtsein"


Dies ist das zweite Buch des Literaturwissenschaftlers (1907-2001), das ich innerhalb weniger Wochen lese. Erneut bin ich begeistert und glücklich über den Fund. Meyer schreibt über die deutsche Literatur der Zeit von Lessing bis Heine, also ca. Mitte des 18. bis Mitte des 19. Jahrhunderts (H.Heine starb 1856). Ich finde die Darlegungen gut verständlich und sachbezogen, ja aufgrund eines durch jahrzehntelanges Forschen und Studieren ausgereiften Bildungsstandes des Autors quasi objektiv (: soweit dies möglich ist). Es geht, vereinfachend gesagt, um den literarischen Niederschlag der Aufklärung, um die französische Revolution und ihre Folgen für bestimmte Schriftsteller in Deutschland (die Meyer u.a. bei Schiller, vor allem aber bei Börne und Heine untersucht); es geht um den Sturm und Drang und die deutsche Romantik (die teilweise als Gegenaufklärung gesehen werden kann und die zum einen in Hoffmann, zum anderen in z.B. Tieck und Schlegel "Vertreter" hatte, die unterschiedlicher kaum sein konnten) ... und darum, wie diese Epochen zusammenhängen; und welche beispielhaften/herausragenden Vertreter zu nennen sind. Mit den Namen Grabbe und Immermann kann ich jetzt etwas mehr anfangen. Auch Karl Marx und Friedrich Engels werden mehrmals zitiert - in Zusammenhängen, von denen ich bisher so nichts wusste. * Das Buch wird, wie "Außenseiter" des selben Autors, einen Platz in meiner Bücherwand einnehmen, wo ich es jederzeit wieder zur Hand nehmen kann. Suhrkamp-Verlag 1986; 638 Seiten *R.S.*

Der Neue Ruf - AUA!


„Der Neue Ruf“, angeblich „Die Zeitung zum Wochenende für Wilhelmsburg und Veddel“ + bereits im 63. (!) Jahr auf unschuldiges Papier gedruckt, traut sich auch 2012 zu erscheinen. Gleich auf der ersten Seite Reklame für die IBA. In einem dilettantisch zusammengestoppelten Bericht (Kostprobe: „Das Projekt „Wilhelmsburger Kissen“, eine Kooperation der „IBA Kunst macht Arbeit“, dem Hamburger Künstler Rupprecht Matthies und der Textilwerkstatt „NähGut“ der Grone Netzwerk gGmbH, ist ab sofort in der Bücherhalle Kirchdorf zu besichtigen“) wird ein trivialer Vorgang: 50 bestickte Kissen werden ausgestellt, über-interpretiert zu „die Sprachkissen ermöglichen auch eine gemeinsame Erfahrbarkeit der verschiedenen Sprachwelten und Nationalitäten auf den Elbinseln. So kann Sprache spielend erfahren werden.“ Wie bitte? „Wenn man seinen Kopf auf ein Kissen legt, ist man zu Hause.“ las ich zuvor. Wo wird hier gespielt? Für so einen Artikel, bei dem weder der Satzbau stimmt noch die Aussagen korrekt sind, wird wahrscheinlich sogar (Zeilen-)Geld bezahlt. Wie peinlich. In seriösen Blättern ist bisweilen vom „Niedergang der Sprache“ bzw. von „Verdummung“ die Rede. Wir dürfen uns darüber nicht wundern, wenn schon Journalisten aufreizend demon-strieren, daß sie die deutsche Sprache nicht beherrschen. *** Auf S. 11 dieser angeblichen Zeitung „für Wilhelmsburg und Veddel“ wird mit Farbfoto plus ausführlichem Text für eine Veranstaltung geworben, die am 22. November 2012(!) in Stade(!) stattfinden wird, also in 10-einhalb Monaten! Hat die Redaktion nicht mehr alle Tassen im Schrank? Sind die Mitarbeiter zu faul, einmal durch die Straßen Wi.burgs und der Veddel zu gehen, um auf diesem Wege aktuelle und interessante Dinge-Neuigkeiten zu erfahren? Z.B. eröffnete vor Kurzem eine Mode-Boutique in der Fährstraße. * Es wäre interessant zu erfahren, welche Gelder von der IBA, igs etc. in den Neuen Ruf gebuttert werden, wie das Zeilenhonorar ausschaut usw. Diese Art Journalismus bewegt sich m.E. zwischen Inkompetenz und Anbiederung. * Aber wie sagt ein alter Bekannter so treffend wie banal: „Wir leben in einer Demokratie. Da darf man Journalisten nicht böse sein. Die wollen auch nichts weiter als Geld verdienen.“ *R.S.*

Texte + LIVE-Musik im RICK'S CAFE


Raimund Samson + Helmut Reithofer geben sich die Ehre: Am 14.1. (Samstag) geht's LIVE zur Sache in RICK'S CAFE (Ecke Otterhaken-Fährstraße). Es darf erzählt, gerockt, veralbert ... + zwischendurch auch ein paar ernste Worte gesprochen werden, frei nach dem Motto "Man gönnt sich ja sonst nichts". Im Ernst: Laßt die Regional-Presse, Zeitungen, TV etc. Weltuntergangs-Stimmung verbreiten über Wilhelmsburg (1962 die Sturmflut, JETZT IBA, igs etc) ... - wir haben trotzdem Spaß UND sind sogar noch politisch! Meine Fresse! * "Als die Wihelmsburger frech geworden, simserim simsimsimsim, zogen sie in' Reiherstieg-Norden, simserim simsim-simsim..." so ungefähr. Raimund Samson alias Dr. Buhmann erzählt euch einen! * Eintritt ist frei - bitte gute Laune mitbringen. Beginn 20 Uhr. * R.S.

Freitag, 6. Januar 2012

Immer noch: ESPERO


Im Flur meiner Wohnung liegt ein Stapel Zeitschriften, Briefe, Bücher, über dem –unsichtbar- 1 Fragezeichen schwebt: Was mache ich damit? „Espero“ trägt den Untertitel „Forum für libertäre Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung“ , und erscheint im 18. Jahrgang. Im Stapel finden sich die Ausgaben 68, 69, 70 von 2011. Der Herausgeber Uwe Timm (-es gibt einen anderen gleichnamigen Autor von Romanen und anderer Belletristik-) hält seit vielen Jahren eine ökonomisch orientierte Position in der total zersplitterten libertär-anarchistischen Szene. Wir machten mal ein paar Lesungen zusammen ... Ich schickte auch mal Artikel an „Espero“, obschon ich mit meinen Texten eigentlich nur einen absoluten Randbereich der espero-Themen abdecke, nämlich Kunst+Literatur ... Mit Wirtschafts-Fragen hab ich mich nie ernsthaft beschäftigt ... Seit Jochen Knoblauch die „Endredaktion“ macht, schicke ich jedoch keine Texte mehr; es gibt da irgendwelche Nicklichkeiten ... typisch für diese Szene, wo man-Frau sich nur selten wirklich begegnet und die meisten Beziehungen auf Vorurteilen-Gerüchten basieren. ** Die # 69 enthält einen interessanten Diskurs zwischen Peter Bernhardi und Uwe Timm, der von U.T.’s Artikel (#68) „Ängste sind nie hilfreich“ ausgeht und recht konträr verläuft. P.B. wirft U.T. „Oberflächlichkeit und Schönfärberei“ vor (1 A5-Seite), worauf der Kritisierte mit „Mehr Realitätsbewusstsein“ antwortet (2einhalb A5-S.). Ich finde Peter Bernhardis Position etwas weinerlich, in das gleiche Horn stoßend wie viele Journalisten hierzulande, die m.E. Panikmache betreiben. Ganz identifizieren tu ich mich auch mit Uwes Beitrag nicht, aber ich kann ihm einiges abgewinnen. * Die #68 enthält einen Artikel „Anarchistische Kulturarbeit. Reflexion eines Kulturaktivisten“ eines Mick Meyerbeetle (echter Name?), der mich interessierte. Mit zunehmender Lektüre war ich aber ziemlich enttäuscht. M.M. vertritt sprunghaft und begrifflich ungenau (dafür umso schwärmerischer) eine auch an psycho-analytischen Ideen orientierte Position. Ich fühle mich an meine Zeit bei „fraktal“ erinnert, einer „libertären Autoren-Gruppe“, bei der ich ca. 2 Jahre mitmachte, bevor es zum großen Krach kam, da ich political non correcte Dinge sagte. * Die vorliegenden Hefte sind 32-40 A5-Seiten stark und enthalten jeweils 7-9 Aufsätze. ::: Theorie-Kultur: Musses auch geben!! * Infos auch im Internet *R.S.*

Herumgekramt: "rebel:art#1"


Beim Kramen in einer ZS-Bücher-Kiste auf eine fett mit Bildern + Statements vollgepackte Zeitschrift (:Katalog) gestoßen: „rebel:art#1“ schickte mir Herausgeber Alain Bieber vor Jah-ren mal zu. Ich traf ihn. Wo? -Jedenfalls tranken wir ein paar Bier in einer Kiez-Kneipe. A.B. fand meine Biografie interessant: Puppenspieler, Dichter, ZS-Hrsg., ehem. Mitglied der Otto Mühl-Kommune ... er wollte „irgendwas machen“ mit mir ... hatte eine Video-Kass. mit einem Puppentheater-Auftritt von mir ... dann verloren wir uns aus den Augen ... Alain Bieber scheint ein super-aktiver Mensch zu sein ... Unter seinem Namen finden im Internet Suchende „3.880.000 Ergebnisse“ ... *** Das log-in von „rebel:art“ verspricht „Kein weiteres Magazin, nicht nur 1 kg Altpapier. Nein – wir basteln an genau dieser Bombe. Ob sie aber funzt – liegt an euch! Rebel:art ist ein neues Magazin über die Schnittstelle Kunst/Kultur und Aktivismus. Unabhängig und ohne sich an das Kapital zu prostituieren: rebel:art ist ein open collective und ein non-profit Projekt.“ *** Vor 1-2 Jahren rief mich A.B. an, weil er in Wilhelmsburg an einem IBA-Projekt teilnahm + mich da einbeziehen wollte. Es sollte sogar ein paar € Gage geben. Die Sache scheiterte an absehbarem mangelnden Publikums-Interesse. *** 160 Seiten umfasst das „rebel:art#1“ – Magazin. Randvoll mit Infos, Bildern ... „how to provoke today?“ = wie kann man heutzutage noch provozieren? lautet die auf dem Cover abgedruckte Frage. Ich stelle mir diese Frage nicht ... ich BIN provoziert ... durch teilweise schon Jahre zurückliegende Erlebnisse ... meine (künstlerische) Arbeit ist großenteils nichts weiter als Reflexion und Transformation teilweise schon Jahre zurückliegendeR Erlebnisse - ... /// +++ diese Notizen sind 1 Tagebucheintragung des Ordnung + Struktur suchenden Bloggers ... *R.S.*

Dienstag, 3. Januar 2012

Mike Tyson ... find' ich gut


Wenn der Mann Ende der 80-er Jahre den Box-Ring betrat, stiegen meine Adrenalin-Werte. Tyson war ein Kampfpanzer, der nur den Vorwärtsgang kannte. Er propagierte Brutalität und Rücksichtslosigkeit. 25 Jahre später gesteht er dem SPIEGEL: "Ich war ein Arschloch, ein Spinner, ein Verrückter, ein besessener Irrer, ein retardierter Psychopath, ein hemmungsloses Stück Scheiße. Ich war ein blasierter Kotzbrocken. Ich dachte, ich sei der König der Welt". * Ich schließe daraus: Der Mann ist immer noch stark. Auch im Rückwärtsgang. Wahrscheinlich noch stärker als zuvor. Mental. * Tyson ... find' ich gut! *R.S.*

Montag, 2. Januar 2012

Film-Tip:


Irgendwelche Probleme mit Woody Allen? - Angeblich soll er "nicht mehr ganz so..." (: großar-tig? witzig? komisch?) sein. Versteh ich nicht. Ich sah seinen letzten Film "Midnight in Paris" + kann den Streifen nur wärmstens empfehlen. Die Story: Ein junger amerikanischer Schrift-steller (Drehbuch-Autor in Hollywood), der mit seiner Verlobten und deren Eltern nach Paris gefahren ist, trifft nachts überraschend Hemingway, Picasso, Dali, Gertrude Stein, Toulouse-Lautrec + andere bedeutende KünstlerInnen, die mit dazu beitrugen, daß Paris zu dem legendären Ruf kam, den es heute genießt. Mit Leichtigkeit + im besten Sinn spielerisch verknüpft Woody Allen die sozusagen "reale" und die "nicht-reale" Ebene der Story miteinan-der. Ich fühlte mich bestens unterhalten, "glänzend amüsiert". Die Bilder stimmten, die "schauspielerischen Leistungen" waren überzeugend - die Story brillant erzählt. Der Regisseur bedient einige Klischees - NA UND! Das gehört für mich dazu. Woody Allen ist auf dem Höhepunkt seines Schaffens. + dort soll er gerne noch ein paar Jahre weitermachen. Der Abend war die 7 € 50 Eintritt wert, bis zum letzten Cent. * Allen drehe jetzt "Filme über Städte", hörte ich. Von mir aus gerne. Nur Hamburg als Film-Drehort würde mich nicht interessieren. Hier zu leben reicht mir schon. *R.S.*