Freitag, 1. April 2011

Beinah vergessen: Ulrich Reineking


Der Kabarettist, Redakteur der Schaumburger Zeitung und Kolumnist der taz schickte mir vor einigen Jahren zu Silvester ein Foto mit dem Kommentar "...ein Neues kommt, schlag zu, Prolät". Ulrich Reineking, von Fans und Freunden "URDRÜ" genannt, hatte eine umwerfende Art, Menschen und die "Verhältnisse" aufs Korn zu nehmen. Sehr witzig, überaus ironisch, nie berechenbar. Seine Bühnenpräsenz war überwältigend. Ich erlebte einen Auftritt in Bremen, wo er quasi im Handumdrehen die Leute für sich gewann. U.a. präsentierte er sich als Anhänger der kurdischen PKK. Und ließ es sich nicht nehmen, im Lauf des Abends einen großen Schoko-Weihnachtsmann zu verspeisen. Selbstverständlich auf der Bühne. Die Stimmung war super - nicht nur seine Fans, ALLE waren begeistert oder zumindest fasziniert. * Ich lernte URDRÜ Ende der 90-er bei einem meiner Auftritte in der Bremer Alternativ- und Freak-Szene um "Meister Propper" kennen. Urdrü hatte sich ein Stalin-Bottom ans Revers geheftet. Nicht weil er blind war für die Verbrechen dieses Mannes. Er wollte die Reaktionen der Leute testen. Zudem waren ihm die Ziele der Linken eine Herzensangelegenheit. Bezüglich der politischen Großwetterlage war er alles andere als naiv. Er war ein Subversiver, der sich gutmütig auch mal vor einen ideologischen Karren spannte - solange er Spaß hatte. Er war halt eigensinnig. Bisweilen schmiß er auch mit Platitüden um sich. Aber das war nur Teil seines Rollenschemas. In dem rumpeligen Quertreiber steckte eine äußerst feinfühlige Seele. * 2000 kam er zu einer Lesung anläßlich meiner Ausstellung "Die wunderbare Sackgasse" in die Wilhelmsburger Honigfabrik. Danach kreuzten sich unsere Wege nur noch selten. * Erst jetzt erfuhr ich übers Internet, daß Ulrich Reineking 2009 starb. Er wurde 60 Jahre alt. *R.S.*

2 Kommentare:

Cornelia Kurth hat gesagt…

Danke!

Cornelia Kurth hat gesagt…
Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.