Freitag, 18. März 2011

IBA - Künstler-Community


Auf dem Gelände des ehemaligen Kubi-Centers (Veringhöfe-Nord) stehen zwei Gebäude mit 4000 qm Nutzfläche leer. Sie wurden von der IBA aufgekauft, um darin eine "Künstler-Community" unterzubringen, die dort ihre "Heimat" finden sollen. 2009 gab es eine erste Aus-schreibung. Ich reichte für meinen Kunstbüro-Verein entsprechende Unterlagen ein. Sie wurden von einer IBA-Dame mit den Worten entgegen genommen: "Bedenken Sie bitte, Herr Samson, daß Sie nicht der einzige Bewerber sind!" Kurz darauf kam auch schon die Ablehnung. Begründung: Unser Konzept sei "nicht ganzheitlich genug". * Es gab mehrere Ausstellungen und Tage der Offenen Tür in den Veringhöfen. Ich schaute mir Bilder, redete mit einigen KünstlerInnen. Nette Gespräche, einige interessante, viel versprechende Projekte. * Da die Räume nicht verschenkt werden (Kaltmiete 4,50 - 6 € pro qm), ist es nicht einfach, die Flächen zu vermieten. Im letzten Jahr bekamen sogar wir noch eine Chance - da erst die Hälfte der Flächen vermietet war. Ich lehnte ab. Das finanzielle Risiko schien mir zu groß. *
Ende 2011, dies meine letzte Information, sollen die KünstlerInnen einziehen. Für die Grundsa-nierung und den Umbau der Gebäude stehen insgesamt 4 Mill. € zur Verfügung. Die hübsche Summe belegt den Ehrgeiz, mit dem das Projekt angegangen wird. *
Ich bin skeptisch, was die großflächige Ansiedlung von Kreativschaffenden unterschiedlicher Art betrifft. Erwarten die Verantwortlichen, daß plötzlich ein Boom einsetzt und Menschen-massen nach Wilhelmsburg strömen, um Skulpturen zu kaufen, sich in Fotostudios ablichten zu lassen, an Workshops teilzunehmen und Theater zu spielen? Womit werden die Kreativen ihre Räume bezahlen? Es wird Anschubfinanzierungen durch das A-Amt und andere Institutionen geben, vielleicht werden zusätzliche Sponsoren gefunden. Wahrscheinlich wird die Hamburgi-sche Kulturstiftung besonders großzügig verfahren. Den Künstlern sei's gegönnt. Und dann? Was passiert nach ein oder zwei Jahren? * Ich bin seit 22 Jahren in diesem Stadtteil aktiv und weiß von daher: Die Elb-Insel verfügt nicht über das Käufer- und Interessenten-Potential, um die Arbeit einer größeren Zahl von Künstlern ökonomisch abzusichern. Das dürfte auch die IBA wissen. Also werden entsprechende flankierende Maßnahmen durchgeführt, um Wi.burg-Veddel "attraktiv" zu machen und Leute mit Geld anzulocken. Dabei wird übersehen, daß die Elb-Insel auch so schon in mehrerer Hinsicht attraktiv ist. Das ist den Gentrifizierern egal. Ihnen geht es um eine Wert-Steigerung, die allein ökonomisch orientiert ist. Ihr Qualitäts-Kriterium sind Umsatz und Verkaufserlöse. Aus betriebswirtschaftlicher Warte ist das vernünftig - aus künstlerischer Perspektive Unfug. *
Vor den Veringhöfen-Nord steht ein Info-Block, auf der die Betreiber mittels einer Grafik veranschaulichen, was nach ihrer Einschätzung die Stunde geschlagen hat. Die gesamte Elb-Insel inclusive Veddel und einige Randbezirke sind mit blau-weißen Streifen eingerahmt. Die IBA zeigt unverhohlen ihren Allmachts-Anspruch. Potenz-Gehabe? Daß sie über gigantischen Einfluß verfügt, der bei den Behörden beginnt und mittlerweile bis ins Privatleben vieler InsulanerInnen hineinreicht, ist unbestritten. Daß sie sich ein Monopol über das anmaßt, was unter Kunst, Kreativität und Künstler-Gemeinschaften zu verstehen sei (nicht nur die blau-weiße Grafik veranschaulicht diese tendenziöse Haltung), kann ich nur zurückweisen. Eine Kurs-Korrektur ist nicht zu erwarten. Dazu fehlt, meine ich, die Fähigkeit zur Selbstkritik. Irgendwann aber, denke ich, wird sich die Arroganz gewisser Leute rächen. "R.S.*

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