Mittwoch, 22. Dezember 2010

Nicht vergessen! - Peter O. Chotjewitz


Am 15.12. starb in Stuttgart der Dichter und Schriftsteller Peter O. Chotjewitz. Eines der ersten Bücher, das ich von ihm las, war "Vom Leben und Lernen": experimentierfreudige Prosa und hörspielartig angelegte Texte, die vor allem das Western-Genre parodierten. Damals -Anfang der 70-er Jahre- schien der Mann zu einer akzeptierten Größe in der deutschen Literaturlandschaft zu werden, auch aufgrund von Büchern wie "Hommage a Frantek - Nachrichten für seine Freunde" und "Die Insel. Erzählungen auf dem Bärenauge". In besonderer Weise bewunderte ich ihn für "Roman", ein großformatiges Foto-Text-Buch, in dem der Dichter in Roms Gärten und Parks nackt posierte und dazu syrreal anmutende Texte verfasste. In einem Brief distanzierte er sich viele Jahre später bei seinem Verehrer von dem Buch als einem "Frühwerk". Man kann nur mutmaßen, weshalb Chotjewitz, obwohl er sowohl die Roman-Form meisterhaft beherrschte (und sie immer wieder höchst lebendig variierte) als auch ein brillanter Erzähler war, vom Literaturbetrieb weitgehend ignoriert wurde. Lag es an seiner Freundschaft mit Andreas Baader, den er noch aus Vor-RAF-Zeiten kannte und dem er später als Wahlverteidiger diente? Lag es daran, daß er sich mit Günther Grass anlegte? Oder schuf er sich dadurch, daß er stets deutlich machte, daß ihm der Literatur-Betrieb nicht das Wichtigste war, in ihrer Eitelkeit verletzte Gegner, die ihn links liegen ließen? * Ich erlebte Chotjewitz LIVE zuletzt ca. 2003 bei einer Lesung in einem Cafe im Hamburger Uni-Viertel: Ein Gentleman mit Fliege und Anzug, der die Nähe zur linken Szene aufgegeben zu haben schien. Mit dem Tod des 76-jährigen verlieren wir einen verkanten Großen, der sein Handwerk bis zuletzt meisterlich beherrschte (u.a. die Romane "Machiavellis letzter Brief" und "Alles über Leonardo da Vinci"). * R.S. *

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