Dienstag, 28. Dezember 2010

Konzert - Rivers of England & Adam Donen


Eine englische Folk-Gruppe und ein Solo-Künstler gaben ein Konzert im Wohnzimmer des "sweet home" (Fährstr. 56). Die Männer und Frauen sorgten vor kleinem Publikum mit ihren Songs für gute, einfühlsame Stimmung. Meine miese Laune erfuhr Aufheiterung. Dank an Franziska, die in ihrem Club immer wieder für Überraschungen sorgt. Hier geht's nicht um Kommerz und Gentrifizierung, sondern um small-talk und Teetrinken; es darf auch ein Bier sein. Rivers of England und Adam Donen touren noch bis zum 10. Januar in Deutschland und den Niederlanden. Mehr unter www.adamdonen.com *R.S.*

Freitag, 24. Dezember 2010

Nicht vergessen! - Captain Beefheart


Und noch ein Großer hat für immer die Augen geschlossen: Captain Beefheart alias Don van Vliet. Ende der 60-er Jahre hörte ich erstmals Stücke seiner LP "Safe as milk". Die Songs waren mit das Kräftigste, was mir bis dato zu Ohren gekommen war, und diese Kraft kam nicht vom Lautstärkeregler. Seine D-LP "Trout mask replica" gilt als Meilenstein der Rock-Geschichte. Es gibt noch etliche andere LP's und Songs, teils konventionell, teils die Hörgewohnheiten sprengend, die sich in mein Gedächtnis eingebrannt haben. Nach etlichen Singles, EP's, 12 LP's und unzähligen Live-Auftritten zog sich van Vliet ca. 1982 für immer aus dem Musik-Business zurück und lebte mit seiner Frau am Rand der kaliformischen Wüste, um sich nur noch der Malerei zu widmen. Frank Zappa, mit dem er die LP "Bongo Fury" einspielte, nannte ihn einmal das "einzige Genie, dem ich persönlich begegnete". Captain Beefheart starb am 17.12. im Alter von 69 Jahren an den Folgen seiner MS-Erkrankung. * Lektüre: "Garantiert ungewöhnlich - Das Leben des Captain Beefheart" von Colin David Webb; Sonnentanz-Verlag; isbn 3-926794-06-2; 160 Seiten; *R.S.*

Mittwoch, 22. Dezember 2010

Nicht vergessen! - Peter O. Chotjewitz


Am 15.12. starb in Stuttgart der Dichter und Schriftsteller Peter O. Chotjewitz. Eines der ersten Bücher, das ich von ihm las, war "Vom Leben und Lernen": experimentierfreudige Prosa und hörspielartig angelegte Texte, die vor allem das Western-Genre parodierten. Damals -Anfang der 70-er Jahre- schien der Mann zu einer akzeptierten Größe in der deutschen Literaturlandschaft zu werden, auch aufgrund von Büchern wie "Hommage a Frantek - Nachrichten für seine Freunde" und "Die Insel. Erzählungen auf dem Bärenauge". In besonderer Weise bewunderte ich ihn für "Roman", ein großformatiges Foto-Text-Buch, in dem der Dichter in Roms Gärten und Parks nackt posierte und dazu syrreal anmutende Texte verfasste. In einem Brief distanzierte er sich viele Jahre später bei seinem Verehrer von dem Buch als einem "Frühwerk". Man kann nur mutmaßen, weshalb Chotjewitz, obwohl er sowohl die Roman-Form meisterhaft beherrschte (und sie immer wieder höchst lebendig variierte) als auch ein brillanter Erzähler war, vom Literaturbetrieb weitgehend ignoriert wurde. Lag es an seiner Freundschaft mit Andreas Baader, den er noch aus Vor-RAF-Zeiten kannte und dem er später als Wahlverteidiger diente? Lag es daran, daß er sich mit Günther Grass anlegte? Oder schuf er sich dadurch, daß er stets deutlich machte, daß ihm der Literatur-Betrieb nicht das Wichtigste war, in ihrer Eitelkeit verletzte Gegner, die ihn links liegen ließen? * Ich erlebte Chotjewitz LIVE zuletzt ca. 2003 bei einer Lesung in einem Cafe im Hamburger Uni-Viertel: Ein Gentleman mit Fliege und Anzug, der die Nähe zur linken Szene aufgegeben zu haben schien. Mit dem Tod des 76-jährigen verlieren wir einen verkanten Großen, der sein Handwerk bis zuletzt meisterlich beherrschte (u.a. die Romane "Machiavellis letzter Brief" und "Alles über Leonardo da Vinci"). * R.S. *

Sonntag, 19. Dezember 2010

Bücher - Oliver Polak: "Ich darf das, ich bin Jude"


Der Schriftsteller, Kabarettist und Musiker liefert ein Gesellenstück der political NON correctness. Als Jude, dessen Vater mehrere Konzentrationslager überlebte, kann er sich einiges herausnehmen. Wo andere ihren Mund halten, um nicht als Nazi abgestempelt zu werden, legt der Autor erst richtig los. Die Erzählungen lesen sich überaus vergnüglich - Polak nimmt kein Blatt vor den Mund. Bissig, böse, kackfrech nimmt er sich selber und seine Entwicklung aufs Korn - ohne eine literarische Steilvorlage für Antisemiten zu liefern. Auch Philosemiten werden nicht bedient. Eine Mischung aus Provinzposse (Papenburg) und Offensive gegen das deutsche Spießertum. Humor ist, wenn einer auch über sich selber lachen kann. Danke, Oliver Polak. * Meine Begeisterung nahm ab Mitte des Buches etwas ab. Die Gags und Pointen kommen immer noch en masse und gut getimt, aber die Schreibe wirkt irgendwann schablonenhaft. * KiWi-Paperback; 192 S.; isbn 978-3-462-04050-0 8 € 95; * R.S. *

Weihnachten (2)


Noch eine Woche ... und ihr seid erlöst!

Freitag, 17. Dezember 2010

Weihnachten

Das Telefon klingelt. Geh ich ran? Hmm... Ja doch! Mein Stalker hat sich zwar schon zwei Wochen nicht mehr gemeldet - aber: Der Mann ruft meistens nachts an und spricht auf AB. Tatsächlich: Er ist es NICHT. Statt dessen meldet sich eine Dame von der Gesamtschule Wilhelmsburg. Ich sei doch Unterhaltungskünstler? Ja, antworte ich ... unter anderem Unterhaltungskünstler.
Sie hätten da drei Schaukästen, sagt die Dame, und möchten diese Plätze für Leute wie mich zur Verfügung stellen... Wir verabreden einen Termin, an dem mich ein Mitarbeiter der Schule besuchen werde.
Wow! Das Angebot klingt verlockend. Es gibt doch noch Menschen mit Herz, denke ich, die einen Arbeitslosen, der sich "ehrenamtlich" abstrampelt, etwas Gutes tun. Jetzt ist auch gerade die Zeit dafür. Naja, irgendeinen Haken wird die Sache haben - etwa daß ich zu Sonderkonditionen Puppentheater spiele?
Wieder klingelt es. Diesmal an der Tür. Ein Lehrer der besagten Einrichtung steht vor mir. ich bitte ihn in die Küche. Er packt seine Tasche aus und legt Unterlagen auf den Tisch. Der Mindestpreis für die Anmietung eines Schaukastens liegt bei 219 €.
Nein, sage ich, als Arge-Empfänger kann ich mir das nicht leisten.
Es geht uns allen nicht gut, erwidert der Mann.
Nanu, merke ich an. Sie sind doch Lehrer - und Beamter auf Lebenszeit?
Das stimmt. ... Aber in der heutigen Zeit... - Wer weiß schon, was morgen ist? * R.S. *

Dienstag, 14. Dezember 2010

Wilhelmsburg im Schnee


1) Ich liebe diese Jahreszeit. Die dick eingepuderte Landschaft bietet manch schönes Motiv zum Fotografieren und Malen.
2) Kaum segeln Schneeflocken in größerer Zahl vom Himmel, versinkt die Hansestadt im Chaos. Gestern abend fiel die häufig genutzte Bus-Linie 13 in beiden Richtungen komplett aus. So machte man sich denn zu Fuß von der S-Bahn Veddel auf den Weg. Am bBhnhof informierten Mitarbeiter der HVV die Fahrgäste. Immerhin. Nicht daß nichts passierte ... - aber wo sind die Schnarchmützen im Behördenapparat, die für einen geregelten und pünktlichen Linien-Verkehr bezahlt werden? Wenn der Hbf-Süd generalstabmäßig abgeriegelt werden kann, um Menschen ohne Fahrkarte aufzuspüren, müsste es doch auch möglich sein, mit bestimmten (nicht ganz überraschenden) Wetterlagen fertig zu werden. Die Welt-Metropole Hamburg konkurriert mit anderen Städten um die beste Konzerthalle, den größten Hafen, die dollsten Sehens-würdigkeiten. Anderswo zeigt sie sich Jahr für Jahr überfordert. * R.S. *

Montag, 13. Dezember 2010

Bücher - Von Pferden und Affen


Das Buch der "Klasse Immendorff" erschien 2007, anläßlich einer Gruppenausstellung der Schüle-r/innen der einige Wochen zuvor verstorbenen Künstlers und Professors der Düsseldorfer Kunst-Akademie. "Von Pferden und Affen" enthält zahlreiche S/W-Fotos aus dem Atelierbetrieb der Klasse sowie von farbigen Bildern aller 40 an der Ausstellung beteiligten MalerInnen. Vorange-stellt sind einleitende Worte Jörg Immendorffs:
"Hau rein! Riskier was. Ihr könnt euch alles trauen! Wie könnte ich das denn sagen? Damit es spannend bleibt, damit das Nuss-Gefühl nicht ganz auf der Strecke bleibt. Oder die Sinnlichkeit. Denn sie entsteht durch das Sich-Trauen, durch etwas Waghalsiges. Stellt euch vor, wenn im Bereich der Kunst AUCH noch die große Langeweile einzieht und das große Spießertum - dann wird's deprimierend. Benutzt die Malerei ruhig als Vehikel. Das hab ich gemacht ... ..."
Das Bild ist von mir bearbeiteter Ausschnitt des Coverfotos (fotografiert von Max Schulze). *
isbn 978-3-939452-09-6; Auflage 1000; Groß-Format; 132 Seiten; * Raimund Samson *

Freitag, 10. Dezember 2010

Emotionale Intelligenz (1)


Der amerikanische Psychologe Daniel Goleman publizierte 1995 das Buch "Emotionale Intelligenz", das auch in Deutschland zum Bestseller avancierte (18. Auflage 2005, dtv). Der Autor weist u.a. auf einen medizinischen Befund hin. Im Kleinhirn jedes Menschen befindet sich, umgeben vom Neokortex, ein winziges Organ, der "Mandelkern", der wie ein hochsensibles Organ für emotionale Erinnerung fungiert. Das "posttraumatische Symtom", einer breiteren Öffentlichkeit bekannt geworden in Folge des Irak-Krieges (zahllose u.a. von psychischen Problemen geplagte GI's), hängt mit diesem "Mandelkern" zusammen, der, einmal in Erregung versetzt, ein eigenes Gedächtnis entwickelt und in bestimmten Situationen -noch viele Jahre nach dem auslösenden Ereignis- Ängste freisetzt und Fluchtreaktionen auslöst. * Mich interessiert an der emotionalen Intelligenz, daß sie nicht ein unveränderliches Natur-Phänomen darstellt, sondern durch verschiedene Faktoren geprägt wird; zum einen körperlich: Physiognomie, Hormone, Kreislauf usw.; zum anderen sozial: Erziehung, gesellschaftliche Einflüsse. Ein Trauma, eine schwere psychische Erschütterung, kann Depressionen und andere lähmende Beeinträchtigungen nach sich ziehen. Es kann aber auch zur Folge haben, daß sich beim Betroffenen eine besondere Sensibilität ausprägt - als Folge des emotionalen Gedächtnisses, das wie ein unsichtbarer Wächter in jedem wirkt. Hinzu kommt: Der Mensch ist, wie es so schön heißt, ein "soziales Wesen". Dies bedeutet, daß er von anderen Menschen abhängig ist und mit seinen emotionalen Zuständen auf seine Umgebung einwirkt. Diese Erkenntnis ist nicht neu. Wichtig scheint mir: Emotionale Intelligenz, d.h. die Fähigkeit, Gefühle zu erkennen und zu gestalten, ist lernbar. Leidensdruck kann ein wichtiges Motiv sein, um Emotionen zu erforschen und den Ursachen von Schlaflosigkeit, Depressionen usw. auf die Spur zu kommen. Dies gilt selbstverständlich auch für positive Gefühle. Der "Mandelkern" wird auch erschüttert durch intensive angenehme, als Glücksgefühle erinnerte Zustände. Eine Voraussetzung, um Emotionen auf die Spur zu kommen, besteht allerdings darin, daß das Problem als solches erkannt wird und ein sozialer Rahmen da ist oder geschaffen wird, in dem Ängste, Phobien usw. an- und ausgesprochen und ausgelebt werden können. Es gibt einen unüberschaubaren Markt von diversen Therapie-Angeboten, die auf diesen Bereich folussiert sind. * Ich beschäftige mich seit vielen Jahren mit dem Thema: Als Betroffener, als Künstler, aber auch als Freund und Ansprechpartner von Menschen, die unter traumatischen Erlebnissen leiden. Meist kann ich mir bestimmte Erzählungen nur anhören - und bin selbst damit bisweilen überfordert, etwa wenn Klagen zum Selbstzweck und gebetsmühlenartig wiederholt werden. * Golemans Buch enthält viele Anregungen, nützliche Gedanken, und berichtet umfangreich von sozial-therapeutischen Ansätzen in den USA, vor allem mit Jugendlichen. Es bietet somit Orientierungshilfen - wobei die Einschränkung zu machen ist, daß die amerikanische Gesell-schaft in mancher Hinsicht anders strukturiert ist als die deutsche. * 432 S., isbn 3-446-18526-7 9 € * R.S. *

Donnerstag, 9. Dezember 2010

Bücher - Gentrifidingsbums


Gentri -äh- da war doch was? Richtig: "Gentrifizierung", DER (neue-neuere) Begriff, um Stadtplanung von Oben zu benennen. Als Insulaner zähle ich zu den Betroffenen - die I.. ist derzeit mit das größte Gentrifizierungs-Projekt in Hamburg. Christoph Twickel, Autor des Buchs, ist einer der Initiatoren von "Not in our Name, Marke Hamburg" und einer der "Recht auf Stadt"-Protagonisten. Ich las in der Zeitung davon, ohne neugierig zu werden ... Diese linken Spinner, dachte ich, ham se wieder mal'n neuen Trend? Im Gängeviertel zum Beispiel ... Was geht MICH das an, ich hab hier meine eigene scene, ODER! * Twickel ist Fachmann, kennt sich aus. Der Typ ist ein Teil der Bewegung. Sein Buch ist sympathisch und nennt mit einer bisweilen schnoddrigen, meist coolen Sprache, die Dinge beim Namen - neue Namen, neue soziologische Begriffe (nicht nur "Gentrifi..."). Das Buch bietet Anregungen, in eine andere Richtung zu denken, das Leben um mich herum anders wahrzunehmen. Um meinen Stadtteil geht's zwar nur auf anderthalb Seiten (64,65), aber der Autor vermittelt Hintergrundwissen, das ich anderswo kaum so komprimiert anfüttern kann. Twickel beschreibt eine Entwicklung, dir vor gut 20 Jahren einsetzte, teilweise auch schon früher. Es geht um Kunst und die Instrumentalisierung von Kunst; "Kreativität" das große Zauberwort. Gentrifizieren heißt, Stadtteile aufzumotzen, aufzuwerten, zu pimpen, interessant zu machen für Spekulanten. Bei diesem Prozeß können Künstler, "Kreativschaffende" eine wichtige Rolle spielen. * Twickel ist engagiert, der linken Szene im weiteren Sinn zuzurechnen, aber etwas lockerer als gewisse Dogmatiker und Chef-Ideologen. Der Mann blickt durch. Letztlich dreht sich alles um Image-Verbesserung. Da lassen Stadtplaner auch mal verquere, kritische Kreative ran - wenn sie zu frech und einflußreich werden, läßt man sie halt wieder fallen - bzw.: Wenn die Mieten zu sehr steigen, müssen diese Leute ihre Zelte eh wieder woanders aufschlagen. Man sollte, so zum Spielball geworden, jedoch nicht Amok laufen, sondern eher MIT-spielen, sich nicht verbarrikadieren, sondern durchlässig sein für ANDERE Positionen. * Neben der Entwicklung im Gängeviertel beschreibt Twickel ausführlicher auch die (zeitweilige) Inbesitznahme des "frappant" in Altona. Auch die Hafencity wird thematisiert, da wirds für mich schon fast "heimatlich" - rein topografisch gesehen versteht sich. Semantisch betrachtet bedeutet Hafencity die Vertreibung der letzten Wilhelmsburger Trachten-Vereine durch die Ansiedlung von Mars-Männchen. Mit anderen Worten: Unsere Heimat wird entfremdet! Wir weinen deshalb aber nicht stundenlang.. * Der Autor erwähnt Guy Debord - da war doch mal was - richtig! Debord war einer der, vielleicht DER führende Theoretiker der Situationisten in den 60-ern. Die Anti-Gentrifizierungs-Bewegung ist mehr situationistisch gefärbt als orthodox links. Die Situationisten, radikale Querköpfe und Kreative, wollten seinerzeit die Gesellschaft nicht bilderstürmerisch umkrempeln, Flagge hissend, sondern unterwandern, unterkellern, aushöhlen. De-zentral. Subversiv. Dieses Buch zeigt mir: Es gibt sie offenbar auch heute noch - oder wieder. Situationisten sind, im Unterschied zu manchen linken Betonklötzen, auch spielerisch orientiert. * "Gentrifidingsbums" bietet keine Rezepte, keine Gebrauchsanweisungen. Ich finde nicht mal Adressen, Website-Angaben, an die ich mich wenden könnte. Typisch Situationisten! Sie sind mehr Künstler als Politiker oder Zeugen Jehovas. **** Ich sag mir: Es kommt auf die richtige Lebensweise an - und die muß jeder für sich entdecken, entwickeln. **** Also schmökere ich weiter. C.T. bringt manches auf den Punkt, nicht unbedingt humorig, aber auch nicht moralisierend. thänx for information, autor! **** In Wilhelmsburg entwickeln wir uns und dem Stadtteil angemessene Alternativen zur offiziellen Image-Politik. Wir wollen Spaß haben und Qualität entwickeln. Wer uns zu Image-Zwecken braucht, soll dafür zahlen. Geld ist wichtig, steht aber nicht im Mittelpunkt. Und wenn doch, ist alles übrige tot. Und wenn wir kein Geld bekommen, machen wir ohne weiter. **** Edition Nautilus 128 S., isbn 978-3-89401-726-2

Wilhelmsburger Folklore


-Was'n los, Lydia?
:::Und er wird immer größer!
-Wie sieht der Mann aus?
::: Der ist total BLAU!
-Jetzt reicht's. Ruf die Polizei. Immer diese Betrunkenen hier!!!

Dienstag, 7. Dezember 2010

Bücher - Pier Paolo Pasolini


Bei Corso erschien im September das Buch "Rom, andere Stadt". Es enthält Gedichte, Erzählungen, ein Interview und Tagebuchnotizen, die hier erstmals auf Deutsch erscheinen, aus den 50-er und 60-er Jahren. Der wunderbar gestaltete Band mit den schwarzweiß-Fotos von Herbert List lädt ein zu einem Spaziergang durch das Rom, das Pasolini liebte. Der Dichter und Intellektuelle reagiert feinfühlig auf kleinste, unscheinbare Veränderungen. Seine Sprache wird nie schablonenhaft. Pasolinis bevorzugte Orte waren Außenbezirke und die Arbeiter- und Armenviertel (Borgate). Hier hatte er Freunde, fühlte sich unter seinesgleichen - Menschen, die nichts weiter waren als sie selber, ohne den fatalen Zug, zu den besseren Kreisen gehören zu wollen. * Er war ein unnachgiebiger Kritiker der Selbstentfremdung und der Massengesellschaft, die ab Ende der 60-er Jahre die jahrhundertealte Kultur der Bauern und Arbeiter nivellierte. In einem Gespräch formuliert er: "... von dem Moment an, als die vor allem durch die Massenmedien bewirkte Akkulturation vollendet war, entsprangen die Vorbilder des römischen Volkes nicht mehr ihm selbst, seiner eigenen Kultur, sondern wurden zu einem vom Zentrum gelieferten Modell. Und von diesem Moment an ist Rom zu einer der vielen italienischen Klein-städte geworden. Kleinbürgerlich, engstirnig, katholisch, durchdrungen von Unechtheit und Neurosen". Seiner Meinung nach hatte der Vatikan bis zu diesem Zeitpunkt nur einen schwachen Einfluß auf das Leben der Römer. isbn 978-3-86260-001-4

Weihnachtsbasar



Am 5.12. besuchte ich mit den TeilnehmerInnen eines Foto-Kurses den Weihnachtsbasar der ev.-methodistischen Freikirche in der Weimarer Straße. Ich kannte die Räumlichkeiten noch nicht. Die Atmosphäre war sehr gastfreundlich und persönlich. Es gab Kaffee, Kuchen und andere Leckereien. Wir erlebten die bezaubernden Darbietungen einer Kinder-Tanzgruppe. * R.S. *

Samstag, 4. Dezember 2010

Nikolaus

IBA - Akademie einer anderen Stadt


Wer kennt das oben abgebildete Wartehäuschen? Finden wir es in
a) New York b) Rio c) Tokio d) Lissabon e) Madrid f) Mailand g) Zürich h) München i) Hannover j) Bad Salzuflen k) Henstedt-Ulzburg-Süd l) am S-Bahnhof Elbgaustraße ?
Oder haben Sie noch einen anderen Vorschlag?
Bitte senden Sie uns Ihre Antwort bis zum 24.12. Beachten Sie bitte, daß jede Zuschrift nur eine Antwort enthalten darf. Sie dürfen aber mehrmals schreiben! Briefpost frankieren Sie bitte mit Sondermarken.
Bei mehreren richtigen Einsendungen entscheidet das Los.
Als erster Preis winkt ein 10-minütiges Gespräch in besagtem Wartehäuschen mit einer Limonade nach Ihrer Wahl. Dem Zweitplazierten winken fröhliche 5 Minuten.

Freitag, 3. Dezember 2010

THAT's MAGIC


- und nicht der Naturalismus des Sonntagabend-Krimis. Die bis in den abgelegensten Pixel perfektionierte Technik befriedigt Konsum-Bedürfnisse, und die stehen ganz oben, weil sie "die Wirtschaft ankurbeln". * Mich fasziniert das Nicht-Perfekte, das Künstliche. Was ich im Alltag als "echt" und "authentisch" erlebe, entscheidet nicht kalte Technik.
Das gute alte Poesie-Album, es werde wieder wahr!

Alles in Ordnung, junge Frau!
-Brauche ich keine neue Brille?
Nein.
-Und meine Tochter?
Braucht nicht ins Krankenhaus.
-Wie schön.
Kommen Sie übermorgen wieder!
-Danke, daß Sie sich so viel Zeit für mich nehmen.
Das gehört sich so für einen Arzt!

Donnerstag, 2. Dezember 2010

IBA - Antwort auf den Offenen Brief an Herrn Hellweg


Frau Theis schickte eine Antwort auf den Offenen Brief an den IBA-Geschäftsführer, Herrn Hellweg (siehe Blog vom 10.11.). Wir protestieren dagegen, daß der Förderkreis Wilhelmsburger Kunstbüro e.V. zum zweiten Mal aus einer offiziellen IBA-Publikation ausgegrenzt wird (zuletzt aus dem Buch "Kreativität trifft Stadt"). Die Antwort von Frau Theis fällt aus unserer Sicht völlig unbefriedigend aus. * Deshalb wenden wir uns nun an die Aufsichtsratvorsitzende der IBA, Frau Anja Hajduk. Frau Hajduk trat gerade als Senatorin zurück. Uns ist nicht klar, ob sie weiterhin als Aufsichtsratvorsitzende fungiert. Wir müssen uns wohl mit einer gehörigen Portion Geduld wappnen. * R.S. *

Dienstag, 30. November 2010

Tod eines Außenseiters


Ich lernte Manfred Kranz 2005 kennen. Er hauste damals in einem Wohnwagen auf der Harburger Bahnhofsinsel, wo ich den Sommer über Landschaften malte. Wir freundeten uns an. Manni war zu stolz, um Sozialhilfe zu beantragen und schlug sich mit Gelegenheits-Jobs durch. Bei Reparatur-Arbeiten auf einem Auto-Schrottplatz verletzte er sich so schwer, daß ein Bein amputiert werden musste. Ich füllte mit ihm Anträge aus und half bei Behörden-Gängen. Auf Dauer war ein Wohnwagen ohne Wasseranschluß und Toilette für einen Behinderten kein Ort. Immerhin hatte er es 7 Jahre darin ausgehalten. Manni erzählte gern und ausgiebig von seiner kriminellen Karriere. Sie begann 1969 mit einem Überfall auf einen Intershop-Laden in Rostock. Sein Kumpel wurde gefasst, ihm gelang die Flucht nach Bornholm. Von dort ging es weiter nach Westdeutschland. Einige Jahre arbeitete er als Seemann. Die Heuer besserte er durch Tresorknacken auf. Ein paar Mal wurde er erwischt und lernte die Justizvollzugsanstalten Lübeck und Neumünster sowie ein holländisches Gefängnis kennen. Meine Unterstützung dankte er mir, indem er bei einem künstlerischen Groß-Projekt als Fahrer half - einen Automatikwagen konnte er auch mit einem Bein bedinenen. Manni erwies über mehrere Wochen als sehr zuverlässig. Von Kunst hielt er nichts - es sei denn, es sprang Geld dabei heraus. Wir machten Touren an die Ostsee, wo er mir einige frühere "Arbeitsstätten" zeigte. Nach dem Mauerfall wechselte er zurück in den Osten, gab seine geregelte Arbeit auf und lebte nur noch von Einbrüchen. Besonders die Tresore von Post-Filialen waren damals noch leicht zu knacken, wie er mir prustend berichtete. Er "besuchte" auch Plez- und Juwelierläden - stets ohne Waffe. * Meine Versuche, Manni in meinen Kunstbüro-Verein oder andere Kreise zu integrieren, schei-terten schon im Ansatz. Der Mann war immun gegen jede Art von Sozialisation. "Mein größter Fehler war, Brüche mit anderen durchzuziehen". Er kam ein paar mal mit zum Grillen - Lesungen und Ausstellungen waren nicht seine Sache. Im September 2008 wurde er mein Untermieter. Nach wenigen Wochen stand die Polizei vor meiner Wohnung. Manfred Kranz wurde wegen Unfallflucht nach einem Crash mit seinem nicht (mehr) angemeldeten Wagen gesucht. Von da an sah ich ihn nur noch selten. Ohne Auto war er aufgeschmissen. Es zog ihn zurück in seinen Wohnwagen im Harburger Hafen, wo er mit raren Gelegenheitsjobs sein Arge-Geld aufbesserte. Zwei Monate später kam es zum endgültigen Bruch. Manni behielt das Untermietgeld ein. Meine Ganoven-Romantik, die Manni mit Erzählungen und Besuchen an alten Wirkungsstätten fütterte, bekam einen gehörigen Knacks. Trotzdem: Wir hatten ein paar gute Momente zusammen. Offensichtlich denken aber Menschen unterschiedlich über Freund-schaft. * Gestern rief mich ein BKA-Beamter an. Manfred Kranz wurde am 17.11. tot in einer Wohnung gefunden. Die genaueren Umstände werden untersucht. Die Polizei versucht Verwandte ausfindig zu machen, die für die Beerdigungskosten aufkommen. Manni wurde 64 Jahre alt. * R.S. *

Lesung - Gennady Braginski


Der seit 1999 in der BRD lebende moldawische Autor las Kurzgeschichten, in denen er vor allem seine Situation als Einwanderer thematisiert. "Ein Südländer in Hamburg" wurde vor einigen Jahren im Hamburger Abendblatt abgedruckt. Es geht darum, mit welchen Nationalitäten der Mann identifiziert wird. Der Autor zündet ein Feuerwerk komischer Situationen. "Wie ich in Hamburg Deutsch gelernt habe" behandelt einen Sprachkurs, in dem er lernte, daß eine Parksünderin keine Prostituierte ist. Braginski weiß Pointen gekonnt zu inszenieren, geht an die brisante Thematik "Ausländer" stets mit einer guten Portion Humor, fernab jeder Hysterie oder Agitation. Der kleine Kreis (10 Gäste) erlebte einen vergnüglichen Nachmittag. * Das Foto zeigt G.B.; links von ihm sitzt Peter Schütt, der die Veran-staltungen jeden Sonntagnachmittag (16 Uhr) organisiert. Das Programm er Lesungen (Wesselyring 51, City Nord) erfährt man über www.waschhauslesungen.de. * R.S. *

Donnerstag, 25. November 2010

Kunst zum Thema Behinderung


Seit April veranstaltet das Wilhelmsburger Kunstbüro Aktionstage zum Thema "Behinderung", gemeinsam mit dem treffpunkt.elbinsel (Fährstr. 51A). Etliche KünstlerInnen aus Hamburg und Kiel, aber auch Nicht-Künstler, Neugierige und Interessierte nahmen bisher daran teil. * Am 24.11. fand eine Sitzung des Hamburger Spendenparlaments statt, bei dem wir 1500 € beantragten, um Werkzeuge und Material kaufen zu können, um Rollstühle zu "pimpen", sprich: zu Spaßmobilen bzw. Kunst-Objekten umzubauen. Wir freuen uns, daß dem Antrag stattgegeben wurde. Ein besonderer Dank an dieser Stelle an Herrn Braun vom Spendenparlament, der unseren Antrag sehr wohlwollend und freundlich behandelte. Er schaute sich die bisher entstandenen Arbeiten vor Ort an und gab wertvolle Tips für die Formulierung des Antrags. * Der nächste Schritt bei unserem Projekt besteht darin, daß wir einen Jahreskalender zum Thema erstellen. In früheren Blogs wies ich bereits auf das Projekt hin. * Die beigefügte Gemälde-Skizze "Frau W., 100 Jahre", entstand 2008, als ich in einem Alten- und Pflegeheim beschäftigt war. * R.S.

Solidarität mit der Arbeitslosenselbsthilfe Wedel e.V.


Die Alo-Selbsthilfe Wedel e.V., ein seit ca. 30 Jahren aktiver Verein, hat 84 000 € Schulden angehäuft. "Jahrelang hat die Arbeitslosenselbsthilfe für ihre Dienstleistungen 7 % Mst. erhoben. Dann stellte das Finanzamt fest, daß eigentlich 19 % erhoben werden müssten". Diese sich aus der falschen Berechnung der Mst. ergebenden 84 000 € versucht das Finanzamt Kiel nun von den ehrenamtlich tätigen Vorstandsmitgliedern einzutreiben. Die ersten Schritte wurden bereits unternommen: Das Haus eines kürzlich verstorbenen Vorstandsmitglieds wurde gepfändet - bis zum 20.11. wurde die Pfändung ausgesetzt. Davon betroffen sind auch die Erben der Verstorbenen. In der Erklärung des Vereins heißt es weiter: "Um den für Laien undenkbaren Fall noch in letzter Minute abzuwenden, müssen die Ehrenamtlichen vor dem Finanzgericht Kiel klagen, obwohl das viel Geld kostet, denn Anwalts- und Gerichtskosten fallen sofort an". * Der Wilhelmsburger Kunstbüro-Verein solidarisiert sich mit den unter Druck geratenen Wedeler Aktiven. Wir führten bereits, gemeinsam mit dem Stadtmuseum Wedel, im September eine Soli-Versteigerung von Kunstwerken durch. Die 3800 €, die dabei erlöst wurden, sind nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Es ist ein Skandal, daß Ehrenamtliche dafür aus der eigenen Tasche zahlen sollen, daß sie einen formalen Fehler machten. Anderswo werden zig-Millionen Steuergelder verbraten (man denke etwa an die Kosten für die HH-Elb-Philharmonie, deren Kosten von ca. 73 auf schwindelerregende ca. 350 Mill. € anstiegen). Die Verursacher werden bestenfalls gerügt. * Die RA Evelyn Butter-Berking richtete ein Sonderkonto ein für den Rechtshilfefonds: Nr. 1078217435 bei der HaSpa, BLZ 200 50 550. Weitere Informationen auf der Website www.Arbeitslosenselbsthilfe-Wedel.homepage.t-online.de R.S.

Montag, 22. November 2010

Stadtmuseum wedel - Finissage



Das Wilhelmsburger Kunstbüro feierte, nach sieben Wochen Ausstellung, seine Finissage im Wedeler Stadtmuseum. Die Veranstaltung war, aus unserer Sicht, gut besucht: 35-40 Leute insgesamt, darunter nur 5 Vereinsmitglieder - was der Super-Stimmung aber keinen Abbruch tat. Für uns geht Freundschaft über alles. Und dann gabs auch noch Kunst: Helmut Reithofer machte den Anfang mit Saxophon-Phrasie-rungen; ich improvisierte eine schräge Eröff-nungs-Rede und brachte die Zuschauer dazu, die Eurovisions-Hymne (70-er Jahre - "Spiel ohne Grenzen"!) zu summen und zu brummen. Inga Sawade trug kritisch-poetische Texte vor; Gennady Braginsky las, sehr witzig, einen längeren Text über seine Erfahrungen als Moldawier in Deutschland; Siegmar Kempfle performte Gedichte von mir aus den 90-er Jahren; Harry Springer las eine frech-komische Story über seine 10 Jahre dauernde Karriere als Staatsbeamter; Ulla reimte ein Sex-Gedicht - ich mimte ihren Vater und gab ihr eine schallende Ohrfeige; Janes Kozuomi Tashiro spielte Akkordeon. * Nicht alles war Freude und Heiterkeit. Ich verlas einen Text zur IBA, mit dem ich gegen die wiederholte Ausgrenzung des Kunstbüro-Vereins und meiner Person aus IBA-Publikationen protestierte. Wenn man, wie wir, keine Lobby hat, ist der Weg an die Öffentlichkeit die wirksamste Methode gegen Ausgrenzung (= Totgeschwiegenwerden). Natürlich sind wir, was die zur Verfügung stehenden Medien betrifft, der IBA hoffnungslos unterlegen - trotzdem ist es richtig, dem Mund aufzumachen und sich nicht alles gefallen zu lassen. Die Qualität einer Information zählt u.U. mehr als die Höhe der Auflage einer Broschüre. * Dann wurde es wieder lustig, getreu dem Motto: Eigentlich haben wir nicht viel zu lachen - aber manchmal DOCH. Für mich war die Finissage eine gelungene Verbindung aus Poesie/Performance und Kultur-Politik. Danke an Sabine Weiss und das Stadtmuseum für Gastfreundschaft. Wir kommen gerne wieder. * Angeregt und munter plaudernd fuhr eine fröhliche Gesellschaft noch anderthalb Stunden mit der Bahn. *** Raimund Samson

Samstag, 20. November 2010

Hafencity - aus einem anderen Blickwinkel


Anfang 2005, zweieinhalb Jahre bevor die IBA in Wilhelmsburg loslegte, thematisierte ich in einigen Bildern jene Protzbauten-Ansammlung für die upper class, mit der das offizielle Hamburg im Wettbewerb der Welt-Metropolen Pluspunkte sammelt. Bald darauf bewarb ich mich für "Kunst und Kultur in der Hafencity", um diese Gemälde auszustellen. "Natürlich" wurden meine Vorschläge abgelehnt. Die Geldervergabe durch die HH-Kulturstiftung orientiert sich zum einen an der political correctness der Kreativen, zum anderen an deren mehr oder weniger ausgeprägtem Konformismus. Da bleibt kein Platz für Kritik. Experimente werden nur dan ngefördert, wenn die Ergebnisse der Experimente bereits vorher feststehen. Staatliche Behörden sind eben keine Mäzene... Ein Einzelner hat nur dann eine Chance, wenn die Stadt Hamburg seinen Namen benutzen kann, um etwas für ihr Punktekonto zu tun. * Mit meinen Bildern ist "kein Staat zu machen". Ich male aus persönlichen Gründen, in erster Linie für mich selber. Manchmal können auch andere etwas damit anfangen. Umso besser. R.S.

Donnerstag, 18. November 2010

Nicht vergessen! - Don Partridge


Am 21. September starb Don Partridge, Pop-Sänger und Straßenmusiker. Er bereicherte die scene mit originellen Soloauftritten als 1-Mann-Orchester. 1968, als die Studenten auf- und durchdrehten und sich daran machten, die Welt zu verändern, gelang ihm ein großer internationaler Hit mit "Rosie"; danach erreichte er mit "Blue eyes" in Irland die Chartspitze. Partridge blieb sich selber treu - er gab nichts auf große events und den Rummel der Pop-Glitzer-Welt. Vor einigen Jahren trat er in der Altonaer Fabrik im Bei-Programm auf. THANKS Don Partridge für gute Momente als Hörer. * Friede seiner Seele. *

Idole - Ray Davies (The Kinks)


Die Dez.-Ausgabe der britischen Musik-ZS "UNCUT" enthält ein langes Interview mit Ray Davies, dem Sänger, Songwriter und Guitarristen der Kinks. Aufgezeichnet wurde es im "Konk", einem von Davies 1973 gegründeten Studio mit zugehörigem Club, wo nicht nur er selber viel Zeit verbrachte, sondern auch Bands wie die Bay City Rollers und die Sexpistols, MusikerInnen/Künstler wie Roger Chapman, Dolly Parton, Monty Python u.a. Platten aufnahmen bzw. sich häufig blicken ließen. Nun steht das Haus zum Verkauf. Der mittlerweile 69-jährige Davies ist etwas sentimental - seiner Produktivität tut dies keinen Abbruch. Neben verschiedenen Solo-Alben erschienen seit Mitte der 90-er Jahre auch Bücher von ihm:Keine Spur von einem Rentner-Dasein. * Kürzlich kam die CD "See my friends" auf den Markt, auf der befreundete Musiker/Bands (Bruce Springsteen, Bon Jovi, Metallica u.a.) Kinks-Klassiker interpretieren, um dem Mitbegründer des Brit-Pop ihre Reverenz zu erweisen. Von deutschen Musik-Gazetten wurde das Album eher verhalten aufgenommen, nach dem Motto: hat der Mann das nötig? Als eingefleischter Kinks-Fan stehe ich mehr auf Originalaufnahmen, finde es aber trotzdem spannend und inspirierend, daß Ray Davies nun auf diese Schiene fährt und so mit anderen Musikern kommuniziert. UNCUT beigefügt ist die CD "An autumn almanac" (nach einem Kinks-Hit aus den 60-ern), auf dem weitere 15 Bands /MusikerInnen "in the spirit of ray davies" ihre Songs, Rock'n Roll und Balladen performen. Beim ersten Hören hauen mich die Sachen nicht um - das macht aber nichts. ich gönne Ray Davies die Verehrung und Hommages von ganzem Herzen. Stücke wie "Till the end of the day", "All day and all of the night", "Sunny afternoon", Ev'rybody's gonna be happy", "Deadend street", "Set me free", "Got love if you want it", "See my friends" -ich könnte wenigstens weitere 30 Titel auflisten- brachten Leben und Trost in meinen miesen, zuletzt albtraum-artigen Alltag in einem katholischen Jungen-Internat. * Zurück zum Interview: Davies erzählt von der Verehrung und Freundschaft mit zum Teil weitaus jüngeren Musikern, etwa Damon Albarn ("Blur", später "Gorillaz"): "He wasn't in love with me, not sexually or anything, but it's the same way I feel about Bill Shankly. It's a romanticism. People with voids. People with emptiness. It allows the admirer to look at you romantically". Und, selbstkritisch: "If you saw, what we were really like, you wouldn't want us." Als Jugendlicher tapezierte ich meine Bude, inclusive der Decke, mit KINKS-Postern. Ich steckte voller Projektionen. Ray D. war eine Mischung aus großem Bruder, gutem Onkel und Beat-Musik-Zauberer für mich. Wie gut, daß ich ihm nie persönlich begegnete. Ich hätte nichts zu bieten gehabt, es wäre nur peinlich gewesen, dem Bewunderten persönlich gegenüber zu stehen. Ich wünsche Ray noch viele Jahre Produktivität und Spaß. * UNCUT, 148 Seiten A4, ist leider ziemlich teuer: 11,80 €. Britischer Import! ... R.S.

Mittwoch, 17. November 2010

Bücher - Impossible dream: The Walker Brothers


Beim Lesen von "The impossible dream - The Story of Scott Walker and the Walker Brothers" dachte ich anfangs Naja, da wärmt einer eine 60-er Jahre-Legende auf. Das gut 350 Seiten umfassende Werk mit ausführlichem Anhang enthält nur wenig Bild-Material. Ich war enttäuscht. Bei fortschreitender Lektüre bekam ich jedoch nach und nach die Informationen, auf die es mir ankommt: Persönlichkeit und Charakter der Musiker, ihr Zusammenhang-Zusammenhalt. * Anthony Reynolds bespricht alle LP's (7), Singles (14) und EP's (2) der Band sowie sämtliche Solo-Veröffentlichungen (Scott Engels: 13 LP's, 26 Singles/EP's; John Maus 4 LP's, 19 Singles/EP's; Gary Leeds 5 Singles - 1 LP und 5 Singles/EP's mit der Band "Rain"). Der Autor schreibt über jeden einzelnen Song (!) - da kommt eine Menge Stoff zusammen. Zeitweise ist es ermüdend, zudem noch jede Menge Details über die Studio-Aufnahmen zu lesen. Aber: Dies ist der beste Weg, den Musikern gerecht zuwerden - Reynolds ist kein yellow-press-Autor. Die Auftritte der Walker Brothers Mitte der 60-er Jahre waren Spektakel mit hunderten, ja tausenden hysterisch kreischenden weiblichen Fans, die den Musikern teilweise die Kleider vom Leib rissen. Die Songs gingen völlig unter. Für Scott, den herausragenden, supersensiblen Musiker mit seiner phantastischen Stimme, war es eine Erleichterung, als die erste Phase der Gruppen-Auftritte 1967 zu Ende ging. Für ihn war die Musik das Entscheidende, und nicht der Hype, der darum veranstaltet wurde. Witzig: Gary konnte nicht wirklich Schlagzeug spielen. Bei sämtlichen Plattenaufnahmen der W.B. wurde er durch Studio-Musiker ersetzt; bei Live-Auftritten benutzte er kaum hörbare Papp-Stöcke, während im Hintergrund ein professioneller Drummer wirbelte. Dem Zusammenhalt tat dies keinen Abbruch. Immerhin war Gary derjenige gewesen, der 1965 John und Scott überredete, vom sonnigen Süd-Kalifornien nach England zu ziehen. "The sun ain't gonna shine anymore" war der Mega-Hit, der wochenlang die Charts in England, ja weltweit anführte. Scott ging dieses Lied so auf die Nerven, daß er es später nie wieder sang. * Mick Jagger, Platzhirsch in der Londoner Musik-Szene, schnippte bei einem Disco-Besuch etliche Zigaretten-Kippen auf Scott Walker. Er konnte ihn nicht leiden - die beiden waren extrem unterschiedliche Typen. Mick extrovertiert, Rebell, Weiberheld, musikalisch R&B-orientiert; Scott Engel eher scheu, legte großen Wert auf Privatsphäre, mehr Einzelgänger als Gruppen-Mensch, musikalisch an europäischer Klassik und Balladen orientiert, verehrte Jacques Brel, von dem er einige Lieder sang ("Jacky" wurde ein kleiner Solo-Hit). Als er die Möglichkeit hatte, Brel zu treffen, war er jedoch zu schüchtern. - Reynolds Buch ist, durch seine enge Anlehnung an das musikalische Output, wahrscheinlich die ultimative Biografie der Walker Brothers. engl. Import, 15 € 16; isbn 978-1-906002-25-1; Jawbone-book -- Raimund Samson

Montag, 15. November 2010

Pimp your rollstuhl - Inga Sawade


Am 13.11. trafen sich zum dritten Mal KünstlerInnen und Interessierte zu einem Aktions-Tag im treffpunkt.elbinsel, Fährstr. 51A, zum Thema "Behinderung".
Die in St. Georg lebende Bildhauerin und Autorin setzte Akzente mit einer beeindruckenden Performance. Zunächst ließ sie sich komplett mit Mullbinden einwickeln, dann "verband" sie auch den Rollstuhl und setzte sich hinein, einen symbolträchtigen Strauß Rosen im Arm.
Hier überschneiden sich die Themen "Behinderung" und "Verletztsein".
Eventuell wird Inga Sawade bei anderer Gelegenheit die Aktion mit ausgefeilter Choreografie und begleitet von Musik und einer Tänzerin wiederholen/variieren.
** Unser nächster Schritt, um für das Thema eine wenn nicht breite, so doch breitere Öffentlichkeit zu finden, besteht in der Gestaltung eines Jahreskalenders. ** Raimund Samson

Mittwoch, 10. November 2010

Offener Brief an den IBA-Geschäftsführer

Sehr geehrter Herr Hellweg!
Kürzlich erschien das IBA-Buch "Kreativität trifft Stadt". Diese Anthologie enthält einen Artikel von Anke Haarmann über das KWW mit dem Titel "Kunst Werk Wilhelmsburg ..." (S. 56-63). Darin erwähnt Frau H., die bereits im November 2009 aus dem KWW ausschied, weder die Wanderausstellung, die ich 9 Monate lang organisierte, noch die von mir ins Leben gerufene Dienstag-Runde, die ein Jahr lang Bestand hatte, noch den Förderkreis Wilhelmsburger Kunstbüro e.V., der als offizieller Träger der Wanderausstellung fungierte. Auch ich werde mit keinem Wort erwähnt.
Es handelt sich hier um einen gezielten Akt der Ausgrenzung. Verantwortlich zeichnen dafür neben der Autorin Gerti Theis und Constanze Klotz. Die beiden Damen werden im Impressum unter "Konzeption und Projektleitung" genannt.
In einem Interview mit Thomas Kutzner (S. 64-67) heißt es "... organisiere ich gemeinsam mit dem Künstler Raimund Samson vom Förderverein Kunstbüro..." Diese Bemerkung war in einem Interview-Vorabdruck gestrichen worden. Daß sie in dem Buch erscheint, ist allein dem Umstand zu verdanken, daß Herr Kutzner darauf beharrte, wie er mir sagte, daß sie abgedruckt wird. Mit anderen Worten: Im Vorfeld der Publikation war der Original-Text des Interviews zunächst verfälscht worden, um meinen Verein und mich auch aus diesem Text-Beitrag auszuschließen. Für die Redaktion verantwortlich zeichnen Rainer Müller, Redaktionsbüro Texturban/ Constanze Klotz, IBA Hamburg GmbH, hamburg."
Herrn Müller kene ich nicht, mit Frau Klotz (ehem. Günther) sammelte ich einschlägige Erfah-rungen. Ich vermute, daß die Manipulation des Original-Textes von Frau Klotz vorgenommen wurde.
Dies ist bereits das zweite Mal, daß der "Förderkreis Wilhelmsburger Kunstbüro e.V." (22 Mitglieder), dessen Vorsitzender ich bin, von der IBA ausgegrenzt wird. Zur Erinnerung: 2007 erschien die IBA-Broschüre "Bildungseinrichtungen auf den Elb-Inseln". 2006 war mein Verein angeschrieben worden, daran mitzuwirken. Ich verschickte entsprechende Infos an die Redaktion und vergaß die Angelegenheit. Leider erst 2009 geriet mir die aufwendig gestaltete Broschüre in die Hände. In dem Werk, das ca. 100 Vereinen und Institutionen breiten Raum zur Selbstdarstellung gewährt, wird der Förderkreis mit keinem Wort erwähnt. In einem Anhang werden statt dessen sogar 13 "Einrichtungen ohne Beschreibung" aufgelistet, darunter mehrere, die ihren Sitz garnicht auf den Elb-Inseln haben.
Bereits aus dieser IBA-Publikation wurden wir also ausgegrenzt, ohne zu wissen, weshalb - mit weitreichenden negativen Folgen für unseren Verein etwa bei unserem Projekt "Busgalerie". Nun also der zweite Streich.
Der Kunstbüro-Verein (22 Mitglieder) ist seit 1989 in diesem Stadtteil aktiv. Wir organisierten mehr als 80 Lesungen, gaben bisher 21 Ausgaben von 2 ZS heraus (darunter "ELB-INSEL - Zeitschrift für Kunst und Kultur"), organisierten zahlreiche Gruppen- und Einzel-Ausstellungen, gingen mit 214 Radio-Sendungen zum Thema Kunst und Kultur (FSK bzw. Offener Kanal) an die Hörerschaft etc etc etc. * Ausgerechnet ein Verein, dessen Bestreben seit mehr als 20 Jahren darin besteht, Menschen in künstlerische und kulturelle Projekte einzubeziehen, wird von der IBA ausgegrenzt. Uns widerfährt das Gegenteil von dem, was wir für andere tun. Das ist paradox bzw. pervers.
Ich protestiere in meiner Eigenschaft als 1. Vorsitzender gegen die Zensur, Manipulati-onsversuche und Ausgrenzung. Außerdem verlange ich, daß die Auslieferung des erwähnten Buches "Kreativität trifft Stadt" eingestellt, dasselbe überarbeitet und neu herausgegeben wird. Wir beanspruchen hierbei angemessenen Platz für die Darstellung unserer Aktivitäten.
Darüber hinaus möchten wir wissen, was Frau Theis und Frau Klotz dazu bringt, uns als altein-gesessenen Verein vor die Tür zu setzen. Wir sind als gemeinnützig anerkannt. Es gab weder in der Vergangenheit noch gibt es jetzt irgendwelche Beanstandungen, Ermittlungsverfahren o.ä. gegen den "Förderkreis W.b. Kunstbüro e.V." oder gegen mich.
* Werten Sie diesen Brief bitte nicht als gegen Sie persönlich gerichtete Kritik. Wir wissen, daß Sie anderes zu tun haben, als die Redaktion und Projektleitung bei der Erstellung eines Buches zu kontrollieren. ich weise Sie aber darauf hin, daß wir weitere Schritte unternehmen werden, wenn es nicht zu einer für uns befriedigenden Klärung (s.o. unsere Forderungen) dieser perfiden Angelegenheit gibt. Wir bitten um eine verbindliche Stellungnahme bis zum 20.11.
Ich verbleibe mit freundlichem Gruß 10.11., Raimund Samson für den "Förderkreis Wilhelmsburger Kunstbüro e.V."

kunstbüro-abendessen


Wir genossen diesmal im kleinen Kreis unser Abendessen. Nur drei Vereinsmitglieder saßen zu Tische - die Gäste waren herzlich willkommen. Rose hatte wieder einmal super vorbereitet und servierte anläßlich des Hubertus-Tages verschiedene Sorten Wildbret. Der Wein schmeckte vorzüglich, die Dekoration war anregend. ich liebe exquisite Servietten, je kitschiger, desto besser. Ich freue mich schon auf das nächste Essen im Dezember. Es geht mit dem Einkaufen reihum; ein zwei drei Leute bereiten vor, die Kosten werden umgelegt. R.S.

Dienstag, 9. November 2010

kunst- und kulturtage mümmelmannsberg


Im letzten Jahr verbrachte ich zwei ganze Tage auf der Großveranstaltung. Diesmal reichten zwei Stunden, um Freund Erich Heeder vom Offenen Atelier zu treffen, ein paar Worte mit Herrn Vogel, dem junggebliebenen Leiter zu wechseln: Gentleman vom Scheitel bis zur Sohle und gute Laune ausstrahlend (für jeden ansprechbar), mit Namensvetterin Regina Samson zu plaudern, die ich bei ihrem Stand mit bemerkenswerten Gemälden traf, und mit meiner Begleiterin Würstchen zu essen. Anschließend flanierten wir, mehr Blödsinn verzapfend als von ernsten Dingen redend, durch die mit Kunst und Trödel, Weihnachtskitsch und Hobby-Werk, viel Frohsinn und noch mehr Biederkeit angereicherten Räume. Riesengroße Räume und Hallen - wie Gesamtschulen so sind. Vielleicht im nächsten Jahr wieder länger? Nur: ich brauche etwas zu tun. Stundenlanges Rumsitzen ist nicht meine Sache - und Kunst verkaufen fast unmöglich. Wenn etwas über den Tisch geht, dann Geschenkartikel. R.S.

Montag, 8. November 2010

IBA - Anke Haarmann (3)


Wie heißt es doch so schön: Alle guten Dinge sind drei...

IBA - Anke Haarmann (2)

Ein paar Bemerkungen noch zur Wanderausstellung des KWW, zu der mehr als 10 Damen und Herren eigene Werke beisteuerten. An diesem Projekt, das in der Beschreibung von Frau Haarmann totgeschwiegen wird, war sie selber beteiligt. Obwohl niemand sie gewählt hatte, führte sie sich als Leiterin auf. Da die Ausstellungs-Idee von mir stammte, ich die Kontakte zu sämtlichen Orten herstellte, den Auf- und Abbau besorgte, die Pressearbeit machte usw., entwickelte die "Philosophin" und "Kuratorin" nun heftige Konkurrenz zu mir und nutzte die Dienstag-Runde zu Provokationen gegen mich. Obwohl ihre Arbeit für das Projekt eher bescheiden war -einen Plakatentwurf und eine großformatige Darstellung von Skulpturen fand ich, ehrlich gesagt, gut- maßte sie sich eine absolute Chef-Position an und ließ nicht mit sich reden.
In mühevoller Arbeit waren mehr als 30 Exponate für die erste Ausstellung in der Honigfabrik ausgewählt und gerahmt worden. Bei diesen Terminen glänzte die "Philosophin" durch Abwesenheit. Am Tag der Hängung jedoch lief sie zu großer Form auf. Es waren Namensschilder vorbereitet worden, deren Anbringung neben den Kunstwerken von der "Kuratorin" jedoch nun untersagt wurde. Die KünstlerInnen ließen sich dies einfach gefallen. Leider war ich zeitgleich an diesem Tag mit einer anderen Vernissage beschäftigt. So bekam ich die Eingriffe der "Philosophin" in der Honigfabrik nur am Rande mit. Immerhin kam ich noch rechtzeitig, um ein Bild von mir, das von ihr aussortiert bereits vor der Tür stand, wieder ins Honigfabrik-Cafe zu tragen und selber an die Wand zu hängen.

Das selbstherrliche und mit niemandem abgesprochene Aussortieren ging weiter. Eigentlich sollten während der Vernissage per Beamer weitere Bilder und Fotos von Skulpturen gezeigt werden. Obwohl der Beamer da war und die entsprechenden Dateien bei der "Kuratorin", fand die Bilder-Schau nicht statt. Ohne Begründung. Ich musste statt dessen Nörgeleien dieser Schreckschraube über mich ergehen lassen, weil ihr meine Kleidung nicht gefiel. Ich trug eine selbstgenähte Weste (siehe mein Porträt auf der Website), die nicht ihrem Geschmack entsprach. Frau H. überging nicht nur geflissentlich Absprachen, sondern bildete sich überflüssigerweise auch noch ein, für die Kleideroerdnung zuständig zu sein.
In der der Vernissage folgenden Dienstag-Runde wurde einstimmig (eine Enthaltung durch einen Gast) beschlossen, die Namensschilder erneut auszudrucken und nachträglich anzubringen. Nichts geschah. Ich fragte ein paar Mal nach -nichts.
So wurden mehr als ein halbes Jahr lang Bilder gezeigt, bei der nur meine und die Werke eines anderen Künstlers namentlich gekennzeichnet waren. Inzwischen wurde ich als Störenfried behandelt, der die "Mal-Gruppe", in der die meisten Exponate entstanden, beim Kreativsein nervte. So war es nicht mehr möglich, erneut in Erfahrung zu bringen, von wem welche Bilder stammten.
* Wenige Wochen nach der Honigfabrik-Ausstellung gab es vom Vorstand des Kunstbüro-Vereins, dem Träger und Organisator der Wanderausstellung, eine offizielle Stellungnahme. Darin wurde das selbstherrliche Verhalten von Anke Haarmann gerügt. Gleichzeitig bekräftigte der "Förderkreis Wilhelmsburger Kunstbüro e.V.", daß er punktuell einzelne Aktivitäten und Aktive des KWW unterstützt. Die "Philosophin" und "Kuratorin" verweigerte die Lektüre der Stellungnahme. "Habe ich keine Lust zu lesen".
Nun ist Frau Haarmann also wieder da und mischt sich gleich wieder ein - in einer perfiden Weise, die nicht zu toppen ist: Totschweigen und ausgrenzen.
Wie schrieb die "Philosophin" doch so triefend schön in dem IBA-Buch "Die Stadtentwicklung" (2009) auf S.6: "Wie einst Sokrates auf dem öffentlichen Marktplatz in Athen seine Mitbürger in endlose Diskussionen verwickelte, wie und wo die Menschen gut leben, so gilt es heute wieder, diese urphilosophische Grage zu durchdenken und ins Zentrum der (stadt-)gesellschaftlichen Entwicklung zu stellen."
Werte Frau H., Sie mißbrauchen den Namen des griechischen Philosophen, um sich mit Lorbeeren zu schmücken, die Sie nicht verdienen. Sie müssen erst noch lernen, zu diskutieren. Sokrates hat nie Menschen ausgegrenzt oder totgeschwiegen. Im Gegenteil.
Raimund Samson (Ende Teil 2)

IBA - Anke Haarmann (1)

Wer ist Anke Haarmann? Sie bezeichnet sich selber als "Künstlerin" und "Philosophin". In ihrer neuesten Publikation firmiert sie auch unter "Kuratorin". Die Frau war 2008 für den "Kunst & Kultursommer" der IBA-Hamburg zuständig, mit zahlreichen Projekten.
Im April 2009 leitete A.H. einen IBA-Workshop. Daraus entwickelte sich, von mir angeregt, ein regelmäßiger Treff, die Dienstag-Runde. Zahlreiche 1€-Jobber und Vertreter diverser Initiativen aus diesem Stadteil nahmen regelmäßig bis zum März diesen Jahres, daran teil. Im Herbst 2009, nach der ersten Vernissage einer zunächst 6 Stationen umfassenden Wanderausstellung verabschiedete sich Frau H. aus dem Groß-Projekt, das inzwischen den stolzen, wenn auch irreführenden Namen "Kunst Werk Wilhelmsburg" trug. Danach ward sie nicht mehr gesehn.
Nun ist die Künstlerin, "Philosophin" und "Kuratorin" wieder da - mit u.a. einem Beitrag zum IBA-Buch "Kreativität trift Stadt", Titel "Kunst Werk Wilhelmsburg". Auf 8 Seiten soziologischer Wichtigtuerei und tiefgründigem Geschwafel gelingt der "Kuratorin" das Kunststück, sowohl die Dienstag-Runde, den "Förderkreis Wilhelmsburger Kunstbüro e.V.", der die Wanderausstellung organisierte, sowie mich als den Verantwortlichen, Geldbeschaffer unfd Hauptaktiven dieses Projektes komplett auszugrenzen, sprich: Wir werden mit keinem Wort erwähnt. * Der Kunstbüro-Verein war nicht nur der Träger der Wanderausstellung, sondern fungierte auch als offizieller Träger und Postadresse eines weit größeren Projekts, das in diesem Sommer 2010 stattfinden sollte. Bei den Vorarbeiten macht ich erstmals nachhaltig Bekanntschaft mit der Clevernessund Dreistigkeit der "Philosophin". Da auch ich Kreativschaffende in den IBA-Kultursommer einbeziehen wollte, übermittelte ich Frau H. die Namen von KünstlerInnen aus Portugal, den Niederlanden u.a. Frau H. schickte ihre Unterlagen an den Kulturfonds Bonn, mit meinem Namen und Adresse im Briefkopf, und der Bitte um Co-Finanzierung für das ca. 110 000 € umfassende Projekt. Aus Bonn kam eine Absage. Wie sich dann herausstellte, hatte die "Kuratorin" die von mir eingebrachten KüsntlerInne erst gar nicht erwähnt.
Da A.H. beste Beziehungen zur IBA unterhält, bekam sie von dort eine mündliche Zusage über 40 000 €. Damit verbunden war ein spezieller Vertrag, in dem es allein um die Acquirierung von Geldern für das Mega-Projekt ging. Darin wurden ihr von der IBA 1500 €, einer Kollegin 1200 €, einem Künstler aus Dresden, der am Workshop teilgenommen hatte und ansonsten weder Texte noch sonstige Beiträge beisteuerte, 400 € zugesprochen, die gleiche Summe einem Betriebleiter einer Wi.burger 1€-Job-Firma. Für zehn 1€-Jobber waren jeweile 100 € vorgesehen. Also allein 4500 € für das Schreiben von Anträgen.
Wider Erwarten wurde der Vertrag am Ende doch nicht von allen Beteiligten unterschrieben. Dies lag an einer Bedingung, die kaum zu erfüllen war: Mit der Unterzeichnung des Vertrags sollten wir die Rechte für die Publikation von Bildern an die IBA abtreten. So erzählte es zumindest die "Philosophin". Nun zeigte sich erneut die Cleverness dieser Frau, verbunden mit einer gehörigen Portion Dreistigkeit. Statt den Deal offen in der Dienstag-Runde auf den Tisch zu packen, ließ sie nur nach und nach Details durchsickern. Am Ende stand sogar die IBA als der eigentliche Buhmann da, da hier offenbar über die Köpfe der Beteiligten hinweg die Rechte an Kunstwerken verhökert werden sollten. * Wenn es um die IBA ging, verfolgte die "Kuratorin" eine Doppel-strategie. Sie war der IBA engstens verbunden, distanzierte sich aber auch, wenn es die Taktik erforderte, von der Internationalen Bau-Ausstellung. Je nachdem, wie der Wind in der Dienstag-Runde gerade wehte. (Ende Teil 1) Raimund Samson

Montag, 1. November 2010

IBA IBA IBA - Ein LIP berichtet


Wohin das Auge blickt - überall IBA. Das Stadtbild verändert sich kontinuierlich - und selbst dem letzten Blinden geht ein Licht auf. Mit ihren zig-Millionen braucht die Intern.Bau-Ausst. nun auch wahrlich nicht auf Geiz zu machen. Es gibt inzwischen S-Bahnen und Busse mit IBA-Reklame, die Fassade der Hamburger Öffentlichen Bücherhallen-Zentrale dient als Werbefläche, das IBA-Dock im Veddeler Hafen präsentiert sich artig als Container-Diva. Man denkt hier mittlerweile blau-weiß gestreift - und träumt nur noch von Einem. Ob in den meisten Fällen erotisch, darf bezweifelt werden. Ein ganzer Stadtteil wird gepimpt, wir alle, du, und ich auch. "Pimp your Stadtteil!" Da wird uns mal richtig schön die Fassade poliert, mein lieber Scholli!, echt fortschrittlich. Wo irgendeine Fläche frei ist, und sei sie brötchengroß, wird sie mit Broschüren und Infos ausgelegt. IBA allgegenwärtig. Ob im Tabakladen, Honigfabrik, Bügerhaus, Freizeithaus Kirchdorf-Süd, beim Bäcker, im Reisebüro, SBB, AIW, treffpunkt.elbinsel - IBA everywhere. Wie singen doch die Beatles so schön: "Here, there and everywhere" ...
Am Dienstag den 26.10., gab es eine Großveranstaltung im Schuppen 52 A: "IBA FORUM 2010: Halbzeitbilanz". Ich war auch eingeladen. Nur: Bis 13 Uhr hatte ich einen Pflicht-Termin beim A-Amt, danach aß ich zu Mittag in einem Behinderten-Treff. So achtete ich nicht auf die Zeit - und schon war sie mehr als knapp. Mein Kunstbüro veranstaltete nämlich am selben Tag sein legendäres allmonatliches Abendessen. * Ein Bekannter erzählte, das Bilanzierungs-event sei gut besucht gewesen: 250-300 Leute. Mir fiel ein Stein vom Herzen. So war bestimmt niemandem auf,gefallen, daß ich fehlte. Manchmal ist es gut, unsichtbar zu sein. Ich erlebte bisher fünf größere bis SEHR große IBA-Veranstaltungen - richtig weggehauen hat mich bisher noch keine. Leider. NOCH nicht. Na schön - ich bin kein VIP (very important person), sondern nur ein LIP (little important person). Die offizielle Atmosphäre gewisser events schüchtert mich ein - da muß ich wohl noch etwas trainieren, um den erwarteten Strahlemann zu machen. Zugegeben: Auf mich und das Kunstbüro Wilhelmsburg hat die IBA nicht gewartet. Oder doch?! Die "Busgalerie" war eine Chance, das läßt sich nicht verleugnen. Ich möchte über diese Steilvorlage zu Beginn der ersten IBA-Halbzeit (Juli 2007) an dieser Stelle jedoch nicht ausführlicher eingehen. - Mein Gewährsmann sagte mir, daß die IBA voll auf Erfolgskurs liege - fast alle bisherigen Ziele wurden erreicht. Umso besser! Nachdem bei der Veranstaltung auf dem Wi.burger Parkdeck, beim EZ, einige Besuchger vorzeitig hinausbegleitet wurden, dürfte die Halbzeit-Ansprache ohne Störungen verlaufen sein. "Seid nett zueinander!" Das SPD-Motto der 50-er Jahre gilt bis heute, uneingeschränkt. Und wer NICHT nett ist, tut gut daran, so zu tun als SEI er nett, sonst er lebt er nicht so nette Dinge. *
Bei mir stapeln sich Broschüren und Einladungen, auch in meiner Wohnung herrscht die IBA. Am 1. und 2. Dezember findet das "IBA LABOR zum ENERGIE-ATLAS Zukunftskonzept Erneuerbares Wilhelmsburg" statt. WOW! Was für ein Titel! Und erst das Programm! Was da an Profs, Direktoren, Staatsräten, Dr.Ing's etcpp angeführt wird - die reinste VIP-Gala. In die Promi-Phalanx wurde sogar eine "Bewohnerin Wilhelmsburgs" eingeschleust! Da kann nur wirklich nichts mehr schief gehen. Und erst der Kostenbeitrag: 60 € für einen GANZEN TAG, ermäßigt läppische 30 €. Soviel bezahlst du beim HSV für anderthalb Stunden. Mit anderen Worten: Die IBA ist angekommen. Danke. Leider habe ich mein Geld für Dezember schon verplant. Macht nichts.
Raimund Samson, LIP

Bücher - Erich Heeder


Einen knapp 600 Seiten starken SCHINKEN veröffentlichte Erich Heeder vom Offenen Atelier e.V. im vorletzten Jahr. "DEMOKRATIE - WÄHLER in der Sackgasse?? - Die politische Dokumentation Hamburgs" enthält hunderte Protest-Briefe/Eingaben des Autors an Hamburger Behörden, politische Parteien und andere Institutionen, und Antowrten darauf. Erich ist einer der sehr raren Leute in der Künstler-Polit-Szene, die ihren Unmut, ihr Unverständnis, ihre Wut nicht nur privat äußern, sondern auch öffentlich in voller Lautstärke vortragen. Zwischen dem Menschen Erich und dem Buch klafft nicht die kleinste Lücke, die beiden sind EINS. Hier wird nicht literarisiert, nicht ästhetisiert, nicht schöngeredet - Erich haut auf den Putz und läßt sich kein X für ein U vormachen, da kann kommen wer will!! Verdammt noch mal! Ich würde zwar nicht in der Weise loslegen wie Erich - aber ich gebe ihm in der Grundstimmung her recht: Wir haben in Deutschland eine Demokratie, dessen Erscheinungsform: Parlamentarismus, in einer schweren Krise steckt - seit vielen Jahren. Die Menschen sind politik-müde, fühlen sich von den sog. "Volksvertretern" betrogen, verarscht, hinters Licht geführt. Kann es uns noch gelingen, die Bürger zu aktivieren - und WIE? Kommt man sich nicht allmählich lächerlich vor? EWie der Rufer in der Wüste? Erich Heeder setzt bei den hohlen Versprechungen unserer Politiker an, in Mümmelmannsberg und anderswo. Wie heißt es so schön?: "Die Hoffnung stirbt zuletzt". Eine Alternative zum demokratischen Parlamentarismus zu entwickeln bedeutet Arbeit Arbeit Arbeit. Mühevolle Überzeugungsarbeit. Und wenn die Leute einfach nur ihre Ruhe haben wollen??? - BOD, isbn 13-9783837059441 25 € - Das Porträt von Erich Heeder malte ich vor 2 Jahren. - R.S.

Lesung - Hadayatullah Hübsch


Am Sonntag = gestern las der Frankfurter Dichter im Waschhaus, Wesselyring 51, und stellte sein neues Buch "Monolith" vor. Der in einer Erst-Auflage von 333 Expl. edierte Band enthält Huldi-gungen an 38 seiner Lieblings-Musiker/Künstler/Dichter/Bands. Die ein bis zwei Seiten langen/kurzen Gedichte sind Stimmungsbilder, Statements, Impressionen ... unsystematisch und tagebuchartig notiert. Kleine Anekdoten, assoziativ erzählt, pi mal Daumen. Einige der Be-dichteten traf Hadayatullah Hübsch auf seinen Reisen, z.B. Burroughs, Cat Stevens (über den er auch ein Buch veröffentlichte). Bis auf eine Ausnahme handelt es sich jedoch nicht um Künstler, denen er privat freundschaftlich verbunden ist. "It's a fan's fan's fan's world" sagich. * Heute abend wird eine TV-Sendung mit dem Vertreter des Ahmadiya-Islam bei Tide-TV aufgezeichnet, morgen abend liest der Mann im "frappant" (Altona). R.S.

Samstag, 30. Oktober 2010

Ausstellungskataloge - Arrabal


"Arrabal - der Lyriker und Künstler" ist der Titel eines Buchs mit Gedichten, Interviews, Porträts Arrabals (aus der Sicht anderer Künstler), farbigen Wiedergaben von Zeichnungen, Gemälden, Kooperationen mit anderen Künstlern, sowie einem Foto, das ihn 1995 mit Ernst Jünger und Jean Miotte zeigt. In der Einführung heißt es "Wenn die Annahme richtig ist, daß künstlerische Kraft und Kreativität aus den Tiefen persönlicher Verletzung kommen ... so ist Fernando Arrabal ein Lehrbuchbeispiel dafür. In all seinen Werken, den Dramen, den Drehbüchern, den Romanen und komprimiert in seiner Lyrik, geistern die Traumata seiner Jugend." Arrabal geht in seinem Werk immer an Grenzen, an seine und die ihm von der Gesellschaft aufgezwungenen, er war inhaftiert wegen Beleidigung der Religion und des Vaterlandes. Er publizierte nicht nur einen langen Brief an Franco, sondern legte sich auch mit Castro an. Ein Interviewer: "Irgendwo hast du einmal gesagt, Schreiben sei Verrat." Darauf Arrabal: "Es ist Frustration. Schreiben ist eine kompensatorische, masturbatorische, sich in der Nacht vollziehende Tätigkeit, die einen davon abhält, wahnsinnig zu werden." Und er sagt: "Ich wage es, dem Löwen auf den Schwanz zu treten, wohl wissend, daß das für mich an eine Art Selbstmord grenzt." A. präsentiert sich in der Ausstellung, die u.a. in der Hamburger Staatsbibliothek gezeigt wurde, als Poet, der seinen Künstlerfreunden Denkmäler setzt. Von einigen seiner bildnerischen Werke gibt es Mini-Auflagen, einige sind Unikate. isbn 3-928090-07-0 60 S., ca. 23 x 23 cm 15 € R.S.

Freitag, 29. Oktober 2010

Bücher - Eine Ohrfeige dem öffentlichen Geschmack


"Eine Ohrfeige dem öffentlichen Geschmack - Russische Futuristen" ist sehr fein gemachtes Buch, das 2001 in der edition nautilus erschien. Was einem bisher als nebulöse Vorstellung vorschwebte: Da war doch was mit revolutionären Künstlern? ... kann man hier im Wortlaut nachlesen. Was für eine Gegenwelt zu unseren zahlreichen kleinen Genies und mittelmäßigen Provokateuren, die die große Pose lieben und über Schaumschlägerei doch nicht hinauskommen. Chlebnikow, Majakowskij, Kruconych, Burljuk, Elena Guro, Olga Rozanova u.a. gehören zu den heraus-ragenden russischen Künstlern und DichterInnen, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts, also noch vor der Oktober-Revolution, mit Lesungen, Ausstellungen, Experimenten und Manifesten, in denen sie ihre radikalen Ideen kompromißlos formulierten, in die Öffentlichkeit gingen. Sie erzeugten, gemeinsam mit den Arbeitern, Intellektuellen, Teilen der Bauernschaft wie des Bürgertums jene Situation, die zum Umsturz führte. Damals konnten sie nicht ahnen, daß der Massenmörder Stalin, in der pervertierten Nachfolge Lenins, einen bürokratischen Macht- und Terror-Apparat aufbauen würde, in dem Kunst und Poesie gemaßregelt und sie selber vom Staat nur als nützliche Werkzeuge der Propaganda bzw. Idioten angesehen werden würden. Es gibt in der Geschichte kaum vergleichbare Ansätze, die auf höchstem Niveau die bestehende Kunst und Literatur in Frage gestellt und zugleich die Entwicklung neuer Formen vorangetrieben haben. Was etwa zeitgleich im Dadaismus, später in der "Konkreten Poesie" und anderen experimentellen Tendenzen entstand, ist partiell bereits bei den russischen Futuristen zu finden. Der große Unterschied zu unserer Zeit: Es gab weder Computer noch andere Medien, mit deren Hilfe Verfremdungs-Effekte und abweichende Formen in Schriftbild und Sprache so spielerisch leicht hergestellt werden können, wie es heute üblich ist. "Eine Ohrfeige dem Öffentlichen Geschmack" enthält 16 Porträts und vor allem Manifeste, außerdem ein Quellenverzeichnis, ist reich bebildert und stellt somit ein hervorragendes Nachschlagewerk für alle dar, die sich mit der Kunst-Entwicklung der damaligen Zeit genauer befassen wollen. 100 S., isbn 3-89401-383-4 R.S.

Bücher - Kunst und Kultur in der Hafencity

Da war doch was - richtig! 2005 wurde mit großem Aufwand dafür geworben, an der künstlerischen Gestaltung des Hafencity-Geländes mitzuwirken. Aus 164 Projekten wurden seinerzeit 8 ausgewählt. Da mein Vorschlag: Installation von Gemälde-Drucken, die sich kritisch mit den palastähnlichen Bauten befassten, keinen Zuschlag bekam, entschied ich mich für die Mitwirkung an einem der geförderten Projekte, nämlich die Hafencity Universitas". Ich nahm an etlichen -so ziemlich allen- Veranstaltungen dieser ernstgemeinten Uni-Parodie teil, hielt sogar selber einen Vortrag: "Subversive künstlerische Tendenzen in der Massengesellschaft" (Russische Futuristen, Wiener Aktionismus, "Suversive Aktion"-Dieter Kunzelman, u.a.). Es gab auch ansonsten ein paar interessante Beiträge bzw. Projekte in der Hafencity. Ich erklomm den "Baltic Tower", spazierte über den "Steinernen Orient-Teppich", erwarb beim "Kunst-Imbiß" einen Pappteller, machte um die Lesebühne des "Hamburger Ziegel" einen Bogen, schaute mir Bild-Projektionen auf den Kaispeicher A an (wo heute die Elb-Philharmonie entsteht), rauchte hier eine Zigarette, trank dort ein Bier und übte mich in small-talk. * Ich war erstaunt, vor einiger Zeit das Buch "Kunst und Kultur in der Hafencity" in einem Schaufesnter zu sehen, und kaufte es. Noch mehr staunte ich, als ich darin ein Foto entdeckte, auf dem ich abgebildet war. Am meisten überraschte mich jedoch, daß mein Name nirgendwo erwähnt wird. Der "Chef" der HC-Universitas, Sebastian Niemann, hatte offenbar selbstherrlich entschieden, welche Bilder ausgewählt und welche KünstlerInnen mit Namen genannt wurden. In einem seriösen Unternehmen fragt man vor der Veröffentlichung eines Fotos, ob der/die Abgebildeten damit einverstanden sind. Ich fände es auch selbstverständlich, als Beteiligter ein Beleg-Exemplar zu erhalten. Bei Herrn Niemann gelten offenbar andere Regeln. * Ich blättere weiter in dem Buch: Höchst professionelle Aufmachung, jede Menge Abbildungen. Über die Vorworte kann ich nur sagen: Die übliche Schönrednerei. Was ist auch anderes zu erwarten von den Geschäftsführern bzw. Vorsitzenden der Hafencity GmbH und der Hamburgischen Kulturstiftung? Die interessieren sich aus Image- und Karriere-Gründen für Kunst und scheuen keine Gelder, um KünstlerInnen vor ihren Karren zu spannen, mit denen dann ssie elber und die Stadt Hamburg reüssieren können. * Ich vermute, daß für die beteiligten Künstler ein Frei-Exemplar des Buches heraussprang. Ansonsten: Ich hatte keinen Einblick in das Budget der "Hafencity Universitas" des Herrn Niemann, der 2005 meine Kontaktperson war. Es braucht nicht viel Phantasie, um sich auszumalen, weshalb Herr N. sich nicht in die Karten blicken ließ. * Erwähnen möchte ich noch einen "literarischen" Text aus dem Buch mit dem Titel "Der Verbrecher als Künstler". Den Namen des Autors verschweige ich - vielleicht gibt es von ihm auch überzeugende Texte. Mein Vorschlag für eine Neuauflage: Erstens besagtes Foto herausnehmen, zweitens den erwähnten Text umbenennen. Wie wäre es mit "Bauherren als Verbrecher"? Die Kosten für die Elb-Philharmonie explodierten von gut 70 auf über 350 Millionen Euro, mit schwerwiegenden Folgen nicht nur für das Schauspielhaus und das Altonaer Museum, mehr als 4000 Baumängel wurden bisher festgestellt - allein dies reicht zehnmal aus, um die Frage zu stellen, ob hier nicht auch kriminelle Machenschaften eine Rolle spielen. "Der Verbrecher als Künstler" - was für ein fader Literatur-Witz! * - Zurück zur "Hafencity Universitas" und Herrn Niemann. Er ist unter seiner alten Adresse nicht zu erreichen. Auch die Hrsg. des Buches konnten mir diesbezüglich nicht weiterhelfen. Aber vielleicht bringt mich dieser Blog einen Schritt weiter bei meiner recherche a Sebastian Niemann. Raimund Samson

Donnerstag, 28. Oktober 2010

Bücher - Hadayatullah Hübsch


Der Gedichtband "Tickets" erschien im Horlemann-Verlag. Hadayatullah Hübsch verfügt über immense Ressourcen, was Erlebnisse betrifft, und so greift er in die unsichtbare Kiste und wird stets fündig. Die "Tickets" lassen mich mitreisen auf Ausflügen voll Ironie, Humor und Anspielungen, manchmal listig, nie bösartig, auf Abstechern in die Welt der Literatur, des schnöden Alltags, raus aus dem Hier&Jetzt - und zugleich stets darin. Bei so viel Phantasie, zudem mit einem Fundus an Rock-Songs und Schlagern versehen, scheinen dem Autor Einfälle zuzufliegen wie Blätter im Herbstwald. Sehr farbig. Mit Leichtigkeit gezeichnet. Nie erlebte ich den Autor so humorig. Die Bürde des Rufs als "Underground"-Legende mit Kult-Status scheint ihm nichts anzuhaben - keine Spur davon, daß er abhebt oder sich in Eitelkeit sonnt. So reist er ohne Drogen, aber beseelt + inspiriert durch meine/deine Gedanken. Hier lebt einer in der realen und zugleich in virtuellen Welten, ohne auf Internet und modischen Schnickschnack angewiesen zu sein. Sehr unterhaltsam. isbn 978 389 5021 473, 10 €, ohne Erscheinungsjahr www.horleman-verlag.de *
Das Gemälde (nach einem Foto) entstand im letzten Jahr, als der Autor in meiner Werkstatt Texte las. R.S.

Mittwoch, 27. Oktober 2010

Bücher - Die Wiener Gruppe


1997 erschien das Buch erstmals, konnte auf der Biennale in Venedig käuflich erworben werden. Irgendwann kam der Schinken auch auf den Buchmarkt. Ich erwarb die kompakte Anthologie bzw. den Kunst-Katalog schließlich bei 2001, zu stark herabgesetztem Preis. "Die Wiener Gruppe - the visual works and the actions - a moment of modernity 1954-1960" wiegt wenigstens fünf Pfund -hier stehen Quantität und Qualität in ausgeglichenem Verhältnis! Der Band enthält neben Texten und Collagen auch zahlreiche Fotos von Friedrich Achleitner, H.C.Artmann, Konrad Bayer, Gerhard Rühm und Oswald Wiener sowie Personen aus dem Umfeld. Und eine CD mit Ausschnitten aus Lesungen, Interviews, frühen Filmen usw. Die österreichische Gruppe war in den 50-er Jahren mit Lesungen und literarischem Cabarett mit stark aktionistischen Elementen in die Öffentlichkeit gegangen. Ich war Fan seit 1969, als ich erstmals von der Gruppe hörte und Texte von ihr las - da existierte sie schon längst nicht mehr. H.C.Artmann bezweifelte, daß es überhaupt eine "Gruppe" gewesen sei. Die "Gruppe" sei eine Erfindung der Medien. Man habe sich nur in Kaffeehäusern getroffen und gegenseitig Texte vorgelesen. Das Kompendium enthält Werke, die größtenteils experimentellen Charakter haben, sprachkritisch sind und dabei durchaus unterhaltsam. - Egal ob echte Gruppe oder nur Ansätze dazu: Die 787 Seiten (ca. A4-Format) enthalten reichlich Material und laden ein zum Schmökern, Staunen, Lesen. * SpringerVerlag Wien/New York isbn 3-211-83021-9 R.S.

Bücher - Arrabal, Riten und Feste der Konfusion




Fernando Arrabal (* 1932) ist ein spanischer Dichter, Regisseur, Maler und Dramatiker, der in den 50-er Jahren vor allem durch seine Dramen ("absurdes Theater") bekannt wurde. 1955 verließ er nach Konflikten mit der Zensur sein Heimatland und siedelte nach Paris über. Sein Werk, zu dem u.a. sieben Spielfilme, hunderte von Gedichtbänden und etliche Romane gehören, wurde bisher nur teilweise ins Deutsche übersetzt. *
Eines meiner absoluten Lieblingsbücher ist seit den 70-er Jahren Arrabals "Riten und Feste der Konfusion". Es beschreibt in 36 Kapiteln, die ebenso vielen Labyrinthen entsprechen, eine neunmonatige Reise des Ich-Erzählers durch den Körper einer Riesin. Diese Reise ist geheimnisvoll und rätselhaft, bezaubernd und löst Irritation im Leser aus. Es wirft "Streiflichter seines barock ausschweifenden Seelen- und Traumlebens, die von symbolträchtigen, nach seinen Anweisungen gemalten Selbstbildnissen untermalt werden" (Klappentext". Das Buch ist so schwer fassbar (kategorisierbar) wie poetisch, die Erzählungen rühren an den inersten Kern des Menschseins. "Als Zeremonienmeister und Opfer seiner Phantasie schafft Arrabal einen neuen Surrealismus, der nicht in sinleere Wortartistik flüchtet, sondern Rituale unserer tieferen Existenz nachzeichnet" (Klappentext). Ich hüte das Buch wie einen Schatz und neige in Verehrung mein Haupt vor dem Meister. - Melzer-Verlag 1969 (antiquarisch erhältlich). - Die beigefügte Collage ist die Wiedergabe des Titelblatts, dem ich die Zeichnung eines Labyrinths hinzufügte. Das andere Bild ist eine Originalwiedergabe aus dem Buch. R.S.

Dienstag, 26. Oktober 2010

Biografien - Helmut Berger


Ich lehnte den Schauspieler früher grundwegs ab und ignorierte ihn, soweit dies möglich war: Als "Narziß", total eingebildet und abgehoben, Jet-Setter, als Darsteller nur anerkannt wegen seiner Schönheit ... Mein borniertes Links-Sein erlaubte mir nicht, über meinen moralin-gesäuerten Schatten zu springen. Heute lese ich das Buch mit Vergnügen und Bewunderung, bereits zum zweiten Mal. Berger geht noch einen Schritt weiter in seiner Selbst-Entblößung als Elfriede Jelinek in "Sturm und Zwang", er zelebriert sich geradezu dabei, ohne Tabus und rücksichtslos mit sich selber ins "Reine" zu kommen. Soweit dies überhaupt möglich ist. Natürlich spielt hier auch Eitelkeit eine Rolle - wie bei jedem Künstler, Schauspieler, Politiker, ev. Pastor, Bischof usw. Berger lebt sich aus, DARUM geht es. Das Buch-Motto "Die große Sehnsucht meines Lebens: ich will geliebt werden" klingt kitschig. Andererseits: Wenn es um Gefühle geht, geraten Äußerungen fast automatisch in die Kitsch-Zone. Ich bin auch deswegen von dem Buch fasziniert, weil ich hier Insider-Infomationen erhalte über eine Welt, die mir völlig verschlossen ist, den Jet-Set. Berger ist bzw. war mit unzähligen Größen der Upper-Class und obersten Schauspiel-Liga intim und befreundet, ob Elizabeth Taylor, Ursula Andress, Bianca Jagger, Rudolf Nurejew ... "Ich", so der Titel der Autobiografie, ist eine tolle Fundgrube für Voyeure und Sensationsgier. Ich werde hier, Seite für Seite, gut angefüttert. Und was sich hat der Typ nicht alles an Drogen und Stimulanzien reingezogen: Hasch, LSD, Ecstasy, Opium, Cocain, hektoliterweise Alkohol ... Obschon der Autor manches Klischee bedient, ragen seine Erinnerungen weit aus den Niederungen der yellow press heraus, durch Exzentrik und Ehrlichkeit - auch wenn man nicht unbedingt jedes Wort auf die Goldwaage legen sollte. Es geht um äußere Schönheit und viel Glitzerkram, viele Seiten um nichts anderes - der Autor (der gemeinsam mit Holde Heuer die Autobiografie verfasste) veranstaltet aber nicht den bekannten "Tanz ums Goldene Kalb". Berger tanzt zwar - aber aus der Reihe. Er weiß, daß am Ende anderes zählt. Liebe. Durch alle Exzesse, Eskapaden, eiserne Disziplin als Schauspieler hindurch zur Empfindung, geliebt zu werden? * Ich sah vor einigen Monaten den Mann im Fernsehen bei Gottschalk. Er schien nicht seinen besten Tag zu haben. * Ullstein-Verlag, isbn 3-548-35970-1 R.S.

Montag, 25. Oktober 2010

Lektüren - Elfriede Jelinek

"Sturm und Zwang" von Elfriede Jelinek, Jutta Heinrich und Adolf-Ernst Meyer hat den Untertitel "Schreiben als Geschlechterkampf". Der Hamburger Psychoanalytiker interviewt die beiden Schriftstellerinnen. Hier wird Klartext geredet und nicht literarisiert und ästhetisiert. Es geht nicht darum, das Werk etwa der Jelinek in die Hochliteratur zu topografieren -daß es dort angesiedelt ist, scheint eh klar- und ihre Position da oben zu zementieren, sondern um Hintergrundinformationen. Hier wird nicht an den Mythen gestrickt, die sich um das Werk von Künstlerinnen ranken, sondern, im Gegenteil: In schonungsloser Offenheit gibt die Jelinek privateste Details ihrer Biografie preis, etwa über das Verhältnis zu ihrer Mutter, offenbart psychische Zwänge und Zustände, die in der Regel erst nach dem Tod festgestellt und offen-gelegt werden. Ich finde diese Vorgehensweise mutig und bewundernswert. Hier untergräbt ein Mensch sich selbst - die eigene Position in der Öffentlichkeit, die sich leicht blenden ließe. Die Schriftstellerin verfügt über so viel Kraft und Format, daß sie das Risiko eingehen kann, sich als auch verstört und verletzbar zu zeigen. Auch Jutta Heinrich spricht sehr privat, ja intim über sich und das Schreiben. Vehement richtet sie sich gegen das Schubladendenken, welches ihr und das Werk anderer Frauen gerne als "Frauenliteratur" etikettiert. In Bücherhallen ist dafür meist ein abgegrenzter Bereich reserviert. Genau diese Abgrenzung aber gälte es zu durchbrechen. * Ingrid Klein Verlag GmbH isbn 3-89523-025-0 (vergriffen?!)

Mezzotinto im Harburger Hafen


Harry Springer und Andreas Göhring, mehr als 20 jahre lang Herausgeber und Weggefährten von mezzotinto, gestalteten nach acht Jahren Pause eine neue Ausgabe (# 29) der Zeitschrift und luden zur Präsentation in die Kaffeerösterei Fehling im Harburger Hafen. Die Veranstaltung war gut besucht. Die einzelnen Teile des abendfüllenden Programms präsentierten sich auf einer breit gefächerten Palette, sowohl literarisch als auch musikalisch, von ironisch-hintergründig bis extrem emotional, mit beiträgen von teilweise exzellenten, höchst erfahrenen Performance-Künstlern.
"Ich heiße nicht Springer", brachte ich mich in den Abend ein, "aber ich bin ein Springer." Schließlich wohne ich in Wilhelmsburg, jenem Hamburger Stadtteil, dessen BewohnerInnen seit seit Jahren von der IBA unter dem Motto "Sprung über die Elbe" aus der Reserve gelockt werden. "Komm rüber" lautet eine weitere Parole. So war ich eben mal von Wi.burg rübergekommen, nein rübergesprungen. Ich las aus meinem Buch "Das Paradies auf der Bratpfanne", einem Roman über die linksradikale Szene und die Otto Mühl-Kommune der 70-er Jahre. Ich bekam guten Applaus. Dies gleicht ein wenig andere Erfahrungen aus, die ich mit dem Buch in der linken Szene machte. Dort werden bis heute nicht nur Mühl seine Aktionen und vor allem die Gründung der Kommune verübelt. Selbst mir, einem zeitweiligen Epigonen und kaum mehr als ein Außenseiter im Kommune-Betrieb, wird heute noch Haß entgegengebracht - nur weil ich ein Buch über meine Erlebnisse veröffentlichte.
Man darf gespannt sein, wie Göhring und Springer weitermachen. Die Aufmachung von mezzotinto: Layout und Format, hat einen Quantensprung gemacht, hin zu einer Professiona-lität, die früher nicht zu erahnen war. Die Zeiten ändern sich - und offenbar auch die Ansprüche der Künstler. Ca. 1990 stellte Harry seine ZS in der Buchhandlung Lüdemann vor, in einer Veranstaltung des Kunstbüro. Vor gut zwei Handvoll Interessierten. Nun also dieses großformatige event. Schaun mer mal, was noch so kommen wird ... R.S.